Hamburg. Jedes Klischee hat einen wahren Kern. Für das Konzert des Bundesjugendorchesters in der Laeiszhalle muss sie einfach herhalten, die Floskel von der mitreißenden Begeisterung junger Musiker. Unter der Leitung von Sebastian Weigle riss diese Hundertschaft - alle Musiker sind noch im Schulalter - ihr Publikum von den Stühlen. Und das auf einem Niveau, das seinesgleichen suchte.

Schon die ersten Takte von Karol Szymanowskis Violinkonzert Nr. 1 wirkten zauberisch mit den wie unter Wasser bewegten, fast unhörbar leisen Streichern. Von Beginn an entspann sich zwischen dem Solisten Christian Tetzlaff und Orchester ein Zwiegespräch, mal innig und mal erotisch aufgeladen. Mühelos brachte Weigle Szymanowskis Farbenreichtum zum Blühen und führte die Beteiligten bedächtig und präzise durch dieses viel zu selten aufgeführte Werk, das so vielfältig klang wie das Leben selbst, changierend zwischen Kontemplation und Drama.

Dass das Zusammenspiel so organisch geriet, lag aber auch an Christian Tetzlaff, der noch in den virtuosesten Passagen kammermusikalisch mit dem Orchester Kontakt hielt. Eine solche Süße des Geigentons, eine solch furiose Entgrenzung hat man selbst bei dem Ausdrucks-Extremisten Tetzlaff noch selten erlebt.

Die monumentale "Alpensinfonie" von Richard Strauss war für das Orchester eine noch größere Herausforderung. An tiefen, leisen Stellen wie dem Beginn trübte sich gelegentlich die Intonation in dem riesigen Bläsersatz, und manche der Strauss-typischen Geigenkaskaden aus höchster Höhe gerieten etwas scharf.

Sei's drum - das junge Ensemble erklomm den von Strauss so prächtig ausgemalten Gipfel souveräner und aufregender als manches Profiorchester. Wie die Musiker Weigle gleichsam auf Zehenspitzen folgten, wie der Dirigent die musikalischen Charaktere herausarbeitete und die Zusammenhänge wahrte, das war große Kunst und großes Glück.

Weniger pathetisch kann man es nicht sagen.