Noch mehr Quizsendungen und kein Ende: Am Sonnabend sucht Jörg Pilawa für das ZDF den “Super-Champion“

Ein "Super-Champion" ist für Jörg Pilawa "ein Mensch, der ein gutes Grundwissen durch sämtliche Bereiche hat". Den sucht er an diesem Sonnabend zur besten Sendezeit, eine halbe Million Euro gibt es zu gewinnen. Als im September 2009 bekannt wurde, dass der 46 Jahre alte Hamburger Moderator zum ZDF wechselt, knallten auf dem Mainzer Lerchenberg die Sektkorken. Pilawas Wechsel wurde gefeiert wie ein Transfer Messis vom FC Barcelona zu Bayern München. Das Publikum, das öffentlich-rechtliche zumal, liebt Pilawa, seine Nonchalance, die anti-angeberhafte Art seines Auftritts - ginge es nach seinem Arbeitgeber, er wäre täglich mehrmals auf Sendung. Jörg Pilawa antwortet schnell und flüssig, er gehört zu den wenigen Männern, die Baumwollschals tragen können, ohne darin auszusehen wie ein modisches Statement auf zwei Beinen. Oft lacht er, bevor die Frage überhaupt gestellt ist.

Hamburger Abendblatt:

Herr Pilawa, was ist das Geheimnis eines guten Quiz?

Jörg Pilawa:

Es muss den Zuschauer zu Hause auf dem Sofa packen. Und das tut es nur dann, wenn er mitraten kann. In Australien etwa funktionieren auch offene Quizfragen, bei uns will der Zuschauer Antwortmöglichkeiten und dann mitraten.

Wieso ist man auf dem Sofa immer schlauer als die Kandidaten?

Pilawa:

Der Zuschauer auf dem Sofa sagt sich: Es ist zu 90 Prozent B, vielleicht auch C. Ist B richtig, sagt er: Hab ich doch gewusst. Nein, falsch, er hat es nicht gewusst, aber es gibt ihm das gute Gefühl, recht gehabt zu haben.

Quizshows muss man also unbedingt gemeinsam gucken? Sonst bekommt ja niemand mit, wie schlau ich bin.

Pilawa:

Die allererste Unterhaltungssendung im deutschen Fernsehen war 1953 eine Quizshow und die letzte - so meine Theorie - wird wieder eine Quizshow sein. Man kann sie alleine gucken, aber eben auch zu mehreren. Wichtig ist eine gute Mischung aus klassischen Bildungsfragen, bunten und witzig-skurrilen Fragen.

Wie sehr sind Quizshows ein deutsches Phänomen?

Pilawa:

Der Riesenerfolg ist sehr deutsch, aber es gibt überall auf der Welt Quizshows. Das Quiz ist die einfachste Form der Interaktion mit dem Zuschauer. Auch wer 20 Minuten zu spät einschaltet, kann sofort einsteigen und die Frage beantworten, die gerade gestellt wurde. Fernsehen läuft ja heutzutage immer mehr nebenbei, wie Radio. Da passt das Quiz genau rein.

Wird "Der große Preis" nun wieder aufgelegt, mit Ihnen als Moderator, weil so langsam die Ideen ausgehen für neue Quizformate?

Pilawa:

Das hängt vielmehr damit zusammen, dass ich Botschafter bin für "Aktion Mensch". Für diesen Zweck wollen wir einmal im Jahr eine Show machen und Spenden sammeln - und warum nicht ein Format nehmen, das sich schon einmal bewährt hat? "Der große Preis" soll bewusst nur einmal im Jahr als Event stattfinden. Aber dafür retro, dass es nur so knattert.

"Der Super-Champion", Ihre andere neue Sendung, ist mehr ein Mix aus "Wer wird Millionär?" und "Der klügste Deutsche". Auf welchen Gebieten haben Sie Champion-Qualitäten?

Pilawa:

Ich wäre bei jeglichen Kinofragen sofort raus. Ich bin totaler Anti-Cineast. Auch Oscar-Verleihung, Deutscher Fernsehpreis - würde ich niemals gucken. Diese Selbstbeweihräucherung der Branche finde ich schrecklich. Gebiete, auf denen ich mich für relativ fit halte, sind Politik und Sport.

Nach Ihrer Zeit bei der ARD haben Sie gesagt, dass Sie von Tests gründlich die Nase voll haben: Ernährungstests, Bildungstest, Ländertests ... Reicht es Ihnen nicht langsam auch mal mit den Quizsendungen?

Pilawa:

Vor fünf Jahren hab ich mich gefragt, ob ich wirklich als Quizonkel in die Annalen des deutschen Fernsehens eingehen möchte. Mittlerweile bin ich an einem Punkt, an dem ich mich wohler denn je fühle mit dem Quiz. Vor ein paar Jahren ging es nur um Frage/Antwort, heute sind Quizshows fast schon Talkshows, in denen man viel über die Kandidaten erfährt. Deshalb haben wir mittlerweile auch Zuschauer, die keine klassischen Quizzuschauer sind. Die finden es spannend, wenn da ein Paar sitzt und über seine Hochzeit redet.

Und Sie reden auch lieber über Hochzeiten, als Quizfragen zu stellen?

Pilawa:

Ich finde Kandidatenpaare spannend. Neulich hatte ich ein Paar zu Gast, das seit 25 Jahren verheiratet war. Er selbstbewusst vorne weg, sie ein bisschen duckmäuserisch hinterher. Und nach der zweiten Frage hatte sie ihrem Mann zwei Vetos reingehauen und war um 20 Zentimeter gewachsen. Die Sendung hat das Kräfteverhältnis in der Beziehung gründlich verändert. Wir hatten schon Sendungen, da haben wir in 45 Minuten drei Fragen gestellt, weil es so lustig war mit den Kandidaten.

Von Ihnen stammt der Satz: Wir haben weltweit das beste Fernsehen. Woran machen Sie das fest?

Pilawa:

Nirgendwo sonst auf der Welt haben Sie die Möglichkeit, abends um 20.15 Uhr eine Opernpremiere zu gucken, einen gut gemachten Kriminalfilm, eine Doku und eine Unterhaltungssendung.

Als Speerspitze der deutschen Fernsehunterhaltung gilt ja immer noch "Wetten, dass ..?". Ärgern Sie sich im Nachhinein, dass Sie dem ZDF abgesagt haben?

Pilawa:

Nein, das war eine ganz bewusste Entscheidung, die ich lange mit meiner Familie besprochen habe. Es geht ja weniger darum, ob man sich die Aufgabe zutraut, es geht um ganz praktische Dinge. Ich müsste sechs zusätzliche Wochenenden arbeiten mit jeweils einer Woche Vorbereitungszeit - und jeweils einer Woche Erholung von der dreistündigen Liveshow. Ich mache mehr als 25 Sendungen pro Jahr, ich habe vier tolle Kinder. Die Absage ist mir nicht besonders schwergefallen.

"Der Super-Champion 2012", Sonnabend, 20.15 Uhr, ZDF