Eine Zumutung. Eine Frechheit. Oder wie anders sollte man es nennen, was sich der hierzulande bislang kaum auffällig gewordene amerikanische Autor Padgett Powell da ausgedacht hat? Knapp 200 Seiten umfasst sein als "Roman" einherkommendes neues Werk und hat - ohne einen fassbaren roten Faden aufzuweisen - von der ersten bis zur letzten Seite nicht mehr als Fragen zu bieten. Fragen, die quälende Alltagsprobleme aufgreifen ("Reisen Sie in besserer Unterwäsche, als Sie normalerweise tragen?"), in biografische Tiefen vordringen ("Welchen Bereich haben Sie in Ihrem Leben am meisten vernachlässigt?"), philosophische Abgründe ausloten ("Stellen Sie sich einen Engel als etwas vor, das auf eine Nadelspitze passt?") oder bloßer Nonsens sind ("Sind wir hier fertig?").

Je länger man sich auf Powells Fragenbeschuss einlässt, desto weniger empfindet man diesen als Zumutung und Frechheit. Denn zwangsläufig beginnt man, leise vor sich hin murmelnd, viele dieser Fragen zu beantworten, über seine Gewohnheiten nachzudenken und das Staunen, mit dem nach Aristoteles alles Philosophieren anfängt, neu zu lernen. Ja, wenn man große Literatur daran erkennt, dass sie mehr Fragen aufwirft als Antworten gibt, dann ist Padgett Powell ein hoch originelles Werk gelungen, in dem jeder Lieblingsfragen finden wird. Meine geht so: "Gehen Sie immer noch ans Telefon, wenn es klingelt?"

Padgett Powell: Roman in Fragen. Aus dem Englischen von Harry Rowohlt. Berlin Verlag, 191 S., 17,90 Euro