Béla Tarr erreicht mit seinem Drama “Das Turiner Pferd“ einen dramatischen Endpunkt

Friedrich Nietzsche sah 1889 in Turin, wie ein Mann auf sein Pferd einprügelte. Der Philosoph umarmte das Tier schützend, sprach nach dieser Aktion aber nie wieder ein Wort und versank im Wahnsinn. Mit der Erinnerung an diese Episode beginnt "Das Turiner Pferd". In einer kargen Landschaft leben ein Kutscher (János Derzsi), eine junge Frau (Erika Bók) und ein Pferd unter einfachsten Umständen auf einem abgelegenen Gehöft. Das Leben besteht aus extrem monotonen Alltagsritualen wie essen oder anziehen. Gesprochen wird kaum. Nur ein Nachbar, dem der Schnaps ausgegangen ist, überfällt den Mann und die junge Frau mit einem Redeschwall.

Der exzentrische ungarische Regisseur Béla Tarr hat angekündigt, dies sei sein letzter Film. Das könnte stimmen, denn er erreicht hier wirklich einen Endpunkt. Er hat eine Art umgekehrte Schöpfungsgeschichte in sechs Abschnitten inszeniert, an deren Ende die Hoffnungslosigkeit wartet. Die Wahlmöglichkeiten des Handelns der Menschen werden immer mehr eingeschränkt, bis ihnen kaum mehr bleibt als Resignation und Duldungsstarre. Was für ein pessimistisches Weltbild! Das hat Tarr allerdings in faszinierende schwarz-weiße Bilder getaucht. Die Umwelt scheint den Menschen feindlich gegenüberzustehen. Auch wenn Tarr Anklänge an den philosophischen Tiefgang von Andrej Tarkowski oder die Langsamkeit von Nuri Bilge Ceylan zeigt, bleibt er seiner eigenen eigenwilligen Weltsicht treu. Wer die Geduld und die Ausdauer hat, sich auf dieses Drama einzulassen, wird mit einem unvergesslichen Filmerlebnis belohnt.

Das Metropolis zeigt am Dienstag und Mittwoch, 17. und 18.4., auch noch Tarrs "The Man From London" und am Montag, 16.4., ab 17 Uhr sein 450 Minuten langes Opus magnum "Satanstango" aus dem Jahr 1994.

Bewertung: überragend

"Das Turiner Pferd" Ungarn/Frankreich/Deutschland/Schweiz, 2011, 145 Minuten, o. A.,R: Béla Tarr, D: Erika Bók, János Derzsi, Mihály Kormos, täglich (außer Do, So) im Metropolis; Internet: www.basisfilm.de