Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner und Willi Winkler diskutieren im Kultwerk West

Das Kultwerk, der feine, kleine Debatten-Salon am Rande des Kiezes, hatte zum Gespräch zwischen Willi Winkler und Mathias Döpfner über das Thema "Freiheit" geladen - ein Begriff, mit dem sich Döpfner gerade in seinem Buch "Die Freiheitsfalle" auseinandersetzt. Der Andrang ist groß, unter den Gästen sind Gustav Peter Wöhler, Isabella Vertes-Schütter und Medienmanager Gerd Schulte-Hillen.

Mathias Döpfner ist Vorstandsvorsitzender der Axel Springer AG, in der auch das Hamburger Abendblatt erscheint. Willi Winkler ist Autor von Büchern wie etwa über die Beatles und die RAF, er erhielt 2010 den Otto-Brenner-Preis Spezial für kritischen Journalismus. Ein Autor, "der sich von der Diktatur des Aktuellen und Modischen nicht beeindrucken lässt" (die Jury), scheint der Richtige zu sein, um sich mit einem Mächtigen der Presse über Lücken oder Anmaßungen von Freiheit zu streiten. Aber Winklers oft gelobter Widerspruchsgeist scheint sich an diesem Abend zu verrennen, seine Sprachkunst sich anderswo zu vergnügen, jedenfalls: Das Gespräch mäandert irritierend durch die Gegend.

Das erste Wort in Döpfners Buch - "Nein" - lobt Winkler als"kühnen Einstieg". Es sei das "Kernwort der Freiheit", erläutert Döpfner, "denn die Freiheit, Nein zu sagen, haben Menschen in einer Diktatur nicht, sie müssen Ja sagen." Ob er denn Nein gesagt habe, als ihn der frühere Bundespräsident Christian Wulff anrief, um eine Veröffentlichung in "Bild" abzubiegen, fragt Winkler. "Ich habe ihm gesagt, dass ich nichts für ihn tun kann", antwortet Döpfner.

Der Verlagschef, der direkt unter der voll aufgedrehten Klimaanlage sitzt und zwischenzeitlich um seinen Mantel bittet, macht einen erzählfreudigen, zugänglichen Eindruck, obwohl ihm der Abend einiges abverlangt. Winkler kehrt immer wieder zurück zu den üblichen Verdächtigen. Zum Leiden an "Bild", an Franz Josef Wagner, an Springer kontra 68er. An Guttenberg als "Bild"-Günstling.

Ein paar Minuten lang eröffnet die Erwähnung von Christian Wulffs These, der Islam gehöre zu Deutschland, einen Blick auf die Tiefe, die dieses Thema an sich hat. Freiheit für wen und für was - in der Religion, im Internet, bei der Einwanderung, zur Steuerflucht, zur Pornografie? - war nie so schwer zu fassen wie heute. Döpfner warnt davor, Islam und Islamismus in einen Topf zu werfen. Er warnt aber auch vor zunehmendem Kulturrelativismus. "Wir relativieren diktatorische Konzepte, etwa wenn China wegen seiner wirtschaftlichen Erfolge idealisiert wird." Freiheit, Chancengleichheit, Mitspracherecht und Gerechtigkeit bedingten sich gegenseitig. "Ich sehe die Gefahr, dass wir das alles zu selbstverständlich nehmen. Freiheit ist ein flüchtiges Reh."