Zum letzten Mal führen bei den “10. German Impro Open“ die Zuschauer Regie. Scheitern erhöht den Spaßfaktor.

Lustspielhaus. Null Requisite, null Text, null Ahnung? Sie sind zu faul oder zu blöd, sich einen Text zu merken. Oder beides. Dieses Gerücht über Impro-Spieler hält sich hartnäckig. Doch wenn das Publikum und die Schauspieler zum Countdown ansetzen und es heißt "Fünf, vier drei, zwei, eins - los!", kommt fast immer eine Szene in Gang. Ein Gegenstand, ein Gefühl oder ein Genre reichen versierten Spielern bereits, um aus nichts bis wenig einiges zu machen, manchmal sogar aus Mist Gold. Statt des blanken Horrors ist das für alle ein großer Spaß.

"Wie ist es, wenn man gar nichts richtig kann?", fragte sich der Bergedorfer Thorsten Brand 1992 - und gründete das Improvisationstheater Steife Brise. Es gilt neben dem parallel entstandenen Ensemble Hidden Shakespeare bis heute als fähigste Hamburger Gruppe.

Schon traditionell ist die "Brise" in der Karwoche in Alma Hoppes Lustspielhaus Ausrichter eines großen Theatersportfestivals. Doch die "10. German Impro Open" mit dem Improtheater Bremen, Isar 148 aus München und Für Garderobe keine Haftung aus Wiesbaden sind die vorerst letzte (Oster-)Überraschung in Eppendorf.

"Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist", sagt Thorsten Brand, dessen Truppe in dieser Woche auch die Feiern zum 20. Gruppen-Geburtstag einläutet. Wie gehabt können die Zuschauer mit ihren Vorgaben Regie führen und - Merkmal des Theatersports - unter Aufsicht eines Schiedsrichters per Karte darüber abstimmen, welche Gruppe mehr zur Entwicklung der Handlung beigetragen hat. In der Rolle des gnadenlos Unparteiischen genießt Steife-Brise-Mitglied Knut Kalbertodt in seinem schwarz-weiß gestreiften Referee-Outfit längst Kultstatus.

"Impro-Theater hat sich so entwickelt, dass es eine eigene Qualität hat", meint Brand. Das sei vor 20 Jahren undenkbar gewesen. Damals gab es bundesweit nicht mal eine Handvoll Gruppen. Und erst 1982 hatte der Kanadier Bill Mockridge, bis heute als Erich Schiller aus der "Lindenstraße" ein TV-Dauergast, in Bonn mit der Springmaus das erste deutsche Impro-Theater gegründet. Auch Mockridge hatte beim nach Kanada ausgewanderten Keith Johnstone gelernt, freier zu spielen, Gefühle durch Grimassen und Gebrüll auszudrücken. Johnstone, der englische Schauspiellehrer, gilt als Guru des modernen Improvisationstheaters.

Längst sind außer dem Theatersport weitere Spielformen entstanden, auch mit Musik. Der von Brand entwickelte und moderierte "Improslam", die schnellste und härtestete Gameshow der Welt, ist gleich heute zum Auftakt der "German Impro Open" mit Gastspielern zu erleben. An den drei folgenden Abenden bringen die drei auswärtigen Ensembles ihre Lieblingsform für den ersten Teil der Show ein.

"Dass lange Formate nicht geklappt haben, hat es auch schon gegeben", weiß Brand aus eigener Erfahrung. Es erhöht meistens sogar den Spaßfaktor. "Positiv ist, dass der Klamauk seriöser geworden ist", sagt der Mittvierziger.

"Impro-Theater wird als Kunstform viel mehr respektiert, es ist ein eigenes Genre." Und gefragt als Business-Theater, um Spontaneität zu schulen. Denn das Prinzip "Ich bin total spontan - wenn man mir vorher Bescheid sagt ..." funktioniert weder auf der Bühne noch im Geschäftsleben.

Früher sind Schauspielkollegen zu Brand gekommen, die entnervt gesagt haben: "Ich kann nur mit Text." Frank Thomé kann beides. Der Schauspieler, der in der wunderbar skurrilen Komödie "Herren" in der "Kontraste"-Reihe der Komödie Winterhude brillierte, gehört seit 1996 zu Hidden Shakespeare. Als deren Vertreter ist er am Sonnabend beim finalen "Maestro" ebenso am Start wie die beiden Wiesbadener Kollegen und Mitglieder gleich mehrerer Hamburger Gruppen. Allein in der Hansestadt gibt es ein gutes Dutzend.

Neben seiner Kollegin Verena Lohner wird Brand die Moderatoren- gegen die Spielerrolle tauschen. Er sagt heute von sich: "Ich kann nicht alles perfekt, aber ich kann auf der Bühne bestehen."

"German Impro Open" Di 3.-Sa 7.4., jew. 20.00, Lustspielhaus (U Hudtwalckerstraße), Ludolfstr. 53, Karten zu 12,- (erm.) bis 25,- unter T. 55 56 55 56; weitere Infos im Internet: www.steife-brise.de