Hamburg. Worin die große Traurigkeit besteht, die Nino Haratischwilis neues Stück "Wir ohne uns" durchzieht, soll nicht verraten werden. Dafür ist die Auflösung zu einschneidend. Aufgelöst sitzen sich die Zuschauer nach der Uraufführung am Sonnabend in der Hamburger Botschaft in zwei Blöcken um die Bühne gegenüber. Tränen, die sich in Tränen spiegeln.

"Bist du da?", fragt Bo sehnsüchtig, sobald er eingeloggt ist. In dem Drama, das die Hamburger Autorin im Auftrag des Jungen Schauspielhauses geschrieben hat, erschaffen Bo und Amina aus ihren Jugendzimmern heraus im Chat eine gemeinsame Welt, in der ihr digitales Ich Projektion der eigenen Wünsche wird - sie erleben (gem)einsam eine ausgedachte Geschichte, bis die Grenzen zur Realität zerfließen.

Dieses vielschichtige Spiel der Ebenen inszeniert die junge Regisseurin Anne Bader gekonnt: Ein illuminierter Kubus repräsentiert die Chatwelt - wenn die Darsteller ihn betreten, loggen sie sich ein, ansonsten sind sie allein, sehen sich nicht an, jeder für sich in der deprimierenden Blase der Einsamkeit. Jonathan Müller und Sandra Maria Schöner überzeugen in der Darstellung zweier wandelbarer Menschen, die nur Platzhalter für die Worte sind, die sie im Netz von sich geben.

"Wir ohne uns" Hamburger Botschaft, Sternstraße 67, weitere Vorstellungen 12., 29.4., 9. u. 23.5., jeweils 20.30, Karten unter T. 24 87 13