Der Krimi aus Berlin schlägt leise Töne an und gewinnt Nicolette Krebitz für einen seltenen TV-Auftritt mit der ihr eigenen Sprödigkeit.

Es gibt laute und leise "Tatorte", dieser hier kommt wie auf Zehenspitzen daher. Mit Klaviersonaten und Sonnenstrahlen auf Herbstlaub, es geht um mit dem Vorschlaghammer zertrümmerte Träume und die Melancholie des Lebensabends. Wo viele Krimis der ARD-Sonntagsreihe in letzter Zeit den großen gesellschaftlichen Bogen geschlagen haben - Kindesmissbrauch, Autismus, Schmugglerbanden an der deutsch-schweizerischen Grenze - zieht sich der Film "Alles hat seinen Preis" von Florian Kern (Regie) und Michael Gantenberg und Hartmut Block (Buch) ganz in seinen Mikrokosmos zurück.

Ein wohlhabender Berliner Taxiunternehmer wird erschlagen aufgefunden, auf der Beliebtheitsskala seiner Mitmenschen pendelte er irgendwo im unteren Drittel. Ein Halsabschneider sei er gewesen, sagen die Leute, die ihm die Miete überwiesen haben. Seine Tochter Dagmar ist schon vor Jahren nach Australien ausgewandert - geflohen, trifft es wahrscheinlich besser. Einzig die Sekretärin (Renate Krößner guckt mit traurigen Dackelaugen auf die Welt) war treuer Fan des Chefs.

Nicolette Krebitz, die sich in letzter Zeit rar gemacht hat im deutschen Fernsehen, spielt Tochter Dagmar mit all der ihr eigenen Sprödigkeit, dem leicht abwesenden Blick ins Nirgendwo und einer Abgründigkeit, die für einen Krimi ja immer eine Punktlandung ist. Sie wandelt durch diesen Film, als gäbe es nur sie und ihre in der Vergangenheit verhaftete Rolle; ob "Tatort" oder DSF-Randsportübertragung scheint ihr dabei relativ schnurz zu sein. Kein Wunder, dass die Verhörszenen zwischen ihr und dem von Dominic Raacke gespielten Kommissar Till Ritter mehr als nur ein bisschen befremdlich wirken: Es ist, als spiele man Skat mit jemandem, der darauf beharrt, Rommé zu spielen.

Ritter jedenfalls frönt auch in diesem "Tatort" - der immerhin 26. Fall mit seinem ungleichen Partner und Freund Felix Stark (Boris Aljinovic) - seiner Vorliebe für bunt bedruckte Hemden. Aktuell trägt er pastellfarbenes Blau-Grün und sieht aus wie ein Pistazieneis auf zwei Beinen.

Wem gehören die Straßen Berlins? Diese Frage verhandelt "Alles hat seinen Preis", indem er die Misere der Taxifahrer (immer mehr Fahrer, immer weniger Kunden) mit der Profitgier von Kreditbanken gegeneinander schneidet, den kleinen Feinkostladen auf dem Kiez in seinen letzten Atemzügen vor dem Bankrott zeigt.

Alwara Höfels (die Kinogeschichte geschrieben hat mit ihrer Demonstration des weiblichen Orgasmus in "Keinohrhasen") spielt die Ladenbesitzerin Ziska, die sich zwischen italienischer Espressomaschine, Parmaschinken auf Biobrot und der unvermeidlichen Möhreningwersuppe einen Kindheitstraum erfüllt hat. An "etwas Schönes, Vergangenes" erinnere sie diese kulinarische Puppenstube mit weißen Leinentüchern, sagt Sandkastenfreundin Dagmar, die längst keine Freundin mehr ist, "ein Geschäft ist es nicht". Eine schön-traurige Lakonie durchweht diesen "Tatort", der auch in den 90er-Jahren hätte gedreht werden können - ein im positiven Sinne altmodischer Krimi. Geld ist der Antriebsmotor fast aller Figuren des Films; es entscheidet über Freund und Feind, oben oder unten, ex und hopp. Nur konsequent also, dass das letzte nächtliche Telefonat des ermordeten Taxiunternehmers ein Anruf an seine Bank war.

Und nicht zuletzt heitern auch die Kommissare, die nicht nur das Feierabendbier miteinander teilen, sondern auch das Aspirin am nächsten Morgen, die Ermittlungsarbeiten mit Wettgeschäften auf: "Wer zuerst im Büro ist", heißt das zugegebenermaßen nicht sehr anspruchsvolle Kopf-an-Kopf-Rennen, das sich Autoliebhaber Ritter und der passionierte Radfahrer Stark liefern; der Verlierer zahlt dem anderen einen Fuffi. Selbst dann noch radelt Stark an den Berliner Kreuzungen vorbei, als wären es blühende Rapsfelder. Leise und beschaulich eben, das Ganze.

"Tatort: Alles hat seinen Preis", ARD, Sonntag, 20.15 Uhr