Regisseur Peter Lord drehte “Die Piraten. Ein Haufen merkwürdiger Typen“ und kostet sein Freibeuter-Faible in dem neuen Kinofilm voll aus.

Piraten sind gerade fast überall. Sie machen das Meer am Horn von Afrika unsicher, entern den Landtag in Saarbrücken und haben mit der Hilfe von Johnny Depp die Kinoleinwände nicht nur in der Karibik fest im Griff. Jetzt startet eine neue Gruppe von Freibeutern einen Angriff auf die Herzen und Lachmuskeln der Zuschauer. "Die Piraten" heißen sie einfach nur, ihr Untertitel "Ein Haufen merkwürdiger Typen" kommt der Sache schon näher.

Der Piratenkapitän mit dem üppigen Bart ist ein selbstbewusster und -verliebter Kerl. Sonst würde er sich auch nicht um den Titel "Pirat des Jahres" bewerben, denn die Konkurrenz ist erdrückend stark, und er ist in seinem Beruf eine echte Flasche. Auch seine Crew ist chaotisch. Einer der Männer an Bord hat ein Holzbein, das immer wieder gegen andere Ersatzteile ausgetauscht wird. Einer ist ein Albino, ein anderer ganz offensichtlich eine Frau, was aber niemand zu bemerken scheint. Als Pirat hat man gefälligst andere Schiffe zu entern, aber das können diese Seeleute nicht so gut. Interessant wird es, als der bunte Haufen auf das Boot von Charles Darwin stößt. Der entdeckt, dass ihr Schiffsmaskottchen Polly nicht etwa ein Papagei ist, wie der Kapitän glaubt, sondern ein Dodo. Diese Seeräuber verbreiten Angst und Schrecken nur in homöopathischen Dosen, sind aber selbst in immenser Gefahr, denn die junge und sehr schlagkräftige Königin Viktoria hasst Piraten.

Sie kommen aus Bristol, eine Stadt am Fluss Avon und Sitz von Aardman, der führenden Firma für Stop-Motion-Puppenfilme. Hier haben schon Wallace und Gromit sowie Shaun, das Schaf, das Licht der Scheinwerferwelt entdeckt. Gegründet hat sie vor 40 Jahren Peter Lord mit seinem Schulfreund David Sproxton, später kam der geniale Nick Park dazu. Bis heute kann ihnen niemand das Wasser reichen.

Peter Lord wirkt wie ein glücklicher Mensch. Er ist eine Mischung aus großem Kind, genialem Tüftler, zerstreutem Professor und verrücktem Wissenschaftler mit einem quecksilbrigen Temperament. Er trägt ein Hemd mit Piratenmotiven und hat ein etwa 30 Zentimeter großes Modell des Piratenkapitäns mitgebracht. Eine Explosionszeichnung zeigt, wie man ihn in seine 200 Einzelteile zerlegen kann. 25 Exemplare dieser Puppe waren im Einsatz, um gleichzeitig an mehreren Szenen arbeiten zu können. "Die Aufgabe besteht nicht darin, eine Puppe in Bewegung zu setzen. Das kann jeder", sagt Lord. "Man muss sie zum Leben erwecken. Wenn man es dann noch schafft, sie so aussehen zu lassen, als ob sie denkt, ist man wirklich gut." Im Film treten 60 verschiedene Charaktere auf. 300 Leute haben daran gearbeitet.

Markenzeichen der Aardman-Filme sind ihre große Liebe zu kleinen Details und eine gewisse Respektlosigkeit Institutionen gegenüber. Das sieht man nicht nur den Figuren an, sondern auch den liebevoll ausgestalteten Hintergründen und den Requisiten. Das Piratenschiff ist eine skurrile Mischung. Der Bug ist aus dem Jahr 1820, das Heck sieht aus, als sei es 1700 gebaut worden. Die Galionsfigur ist eigentlich zu groß für das Schiff. Sie hat den Körper einer Frau und den Kopf eines Mannes, dem die Trickfilmer heftig Lippenstift aufgetragen haben. "Völlig inakkurat zu sein, ist für mich der größte Spaß", freut sich der 59-Jährige. Natürlich hat er in den Film nach der Buchvorlage von Gideon Defoe Untergebene eingebaut, die schlauer sind als ihre Chefs. Nach dem Prinzip funktionieren auch die "Wallace und Gromit"-Filme.

Lord scheint völlig in seiner Arbeit aufzugehen. Er habe zu Hause fünf Piratenhemden, einen Dreispitz und ein gutes Schwert, sagt er. Seine Crew hat ihm zum Abschluss einen Mantel genäht, der dem des Piratenkapitäns zum Verwechseln ähnelt. Jetzt muss er ihn bei einer Premiere auch anziehen. Daran denkt er mit gemischten Gefühlen. Hugh Grant, der den Piratenkapitän in der Originalfassung spricht, hat sich auch angekündigt. "Bestimmt kommt er in Armani", überlegt Lord. "Er sieht darin wahrscheinlich total cool aus, und ich stehe daneben wie ein Vollidiot."

"Piraten. Ein Haufen merkwürdiger Typen" kommt Donnerstag in die Kinos.