Bingo-Ingo war kein Wunschkind. Sein Vater hatte ihn beim Preisbingo gewonnen. Eigentlich hatte er die Gans haben wollen. Bingo-Ingo war auch nicht wirklich ein Kind, sondern 42. Er sprach nicht, sondern zählte. "Eins", sagte er morgens, wenn er erwachte, "100", ging er abends zu Bett. Scheinbar wahllos schien er den Tag über Zahlen auszurufen. Bei Euphorie schrie er: "Bingo!" Bei Hysterie: "Bingo! Bingo!"

Oft erwachten die Buppes, weil Ingo sich über sie beugte und sie zählte. "Zwei", sagte er dann. "43", während er erst auf sich, dann auf die beiden zeigte. Es gab Tage, da zählte er sich wund. Immer wieder leckte er Finger und Zehen, hielt sie in die Luft. "Sechs", sagte er, gingen draußen Frauen am Fenster vorbei, "88" bei Idioten.

Frau Buppe hatte sich immer Kinder gewünscht. Herr Buppe hatte stattdessen Tiere gekauft. Kinderhaarallergie, erklärte er. Die Tiere wurden Kindern immer ähnlicher. Später nähte Frau Buppe sogar Kinderkostüme für sie, so echt, dass man selbst in der Schule nichts davon bemerkte. Kater Muppel machte sogar Abitur. Doch das war lange her. Nun war sie alt, und wenn sie noch etwas interessierte, so war das Geld. Geh arbeiten, sagte sie deshalb zu ihm.

Bingo-Ingo fing beim Lotto an. Half bei Inventuren. Rief im Supermarkt Zahlen aus. Trug bei Boxkämpfen Nummern durch den Ring. Am Wochenende zählte er für Geld am Jungfernstieg. Dort war es auch, wo man ihn schließlich fürs Fernsehen entdeckte. "Bingo" heiße die Sendung, ob er sich das vorstellen könne. "Bingo", sagte Bingo-Ingo. Doch dann rief niemand mehr an.

Seitdem tingelt Bingo-Ingo durch die Stadt. Mit einer Trommel mit Zahlen darin. Er ist es, der so den derzeitigen Bingo-Boom auslöste. Und nun ist sogar Las Vegas auf ihn aufmerksam geworden. Es geht das Gerücht, Bingo-Ingo bekäme dort fast 'ne eigene Show. Siegfried & Ingo. Deshalb gehen Sie bitte noch mal hin: Bingo-Ingo am 30. März in der Astra-Stube!