Gerhard Garbers und Christian Redl sind die “Sonny Boys“ in dem unschlagbaren Komödienklassiker von Neil Simon. Premiere am 31.3.

Hamburg. Neil Simon ist einer der ganz großen amerikanischen Komödienschreiber des 20. Jahrhunderts. Mit "Barfuß im Park" schaffte Robert Redford den Durchbruch. "Ein seltsames Paar", die Geschichte der beiden total unterschiedlichen Männer, die notgedrungen zusammenwohnen, wurde ein Welthit. Und Billy Wilders "Das Appartement", die tragikomische Büro- und Liebesgeschichte, zählt zu den schönsten Filmen aller Zeiten.

Neil Simon ist der Autor all dieser und noch vieler anderer großartiger Komödien. Er hat Stücke geschrieben, die man unfairerweise als "Boulevard" abtut, die in Wahrheit aber Komödien sind, deren perfekt ausgefeilter Witz ein Spiegel der alltäglichen Kümmernisse des Mittelstandes ist. Ironisch verpackt und mit hinreißendem Wortwitz, treffsicheren Pointen, ausgefeilten Charakteren und einem leichtfüßigen und zugleich tiefsinnigen Humor bietet Neil Simon Unterhaltungstheater auf höchstem Niveau. Vor 40 Jahren, als das zeitgenössische Theaterstück am Broadway in voller Blüte stand, liefen dort in ein und derselben Spielzeit gleichzeitig in vier Theatern vier Stücke von Neil Simon. Das hatte es noch nie gegeben, und gab es seitdem nicht mehr.

Eines seiner besten und berühmtesten Stücke ist "Sonny Boys", die Geschichte zweier ehemaligen Komiker, die 43 Jahre gemeinsam aufgetreten sind, seit elf Jahren kein Wort mehr miteinander gewechselt haben und nun eher widerwillig zusammenkommen, um ihren berühmten "Doktorsketch" für eine TV-Sendung aufzuzeichnen. Was da an Hassliebe ausbricht, an Gemeinheiten, an Unverständnis und komischen Zwischenfällen, ist zum Wegschreien und dient seit Jahrzehnten großen älteren Schauspielern als Futter für wunderbare Bühnendarbietungen voller Slapsticks und Tragik.

Nun kommt "Sonny Boys" mit Gerhard Garbers und Christian Redl am St.-Pauli-Theater heraus. Garbers ist Willy, ein Rechthaber, Stinkstiefel, Choleriker und Messi, der Al, den Redl spielt, nicht verzeihen kann, dass er es mit ihm nicht mehr aushielt und abhaute. So wurde Willy arbeitslos, hangelt sich seitdem mit kleinen Rollen durch, die sein Neffe ihm verschafft, gibt aber ständig damit an, was und mit wem er alles dreht.

"Sonny Boys" lebt von Situations- Wort- und Körperkomik. Wie entsteht das, worüber man am Ende lachen soll? "Wichtig ist, dass man alles, was man spielt, todernst nimmt", sagt Gerhard Garbers. Christian Redl ergänzt: "Ganz entscheidend ist Rhythmus. Wie in der Musik. Eine Pointe landet nur, wenn sie rhythmisch richtig sitzt. Man kann seinen Partner hängen lassen, indem man ihn auflaufen lässt. Oder man kann zu schnell mit einem Satz antworten. Beides kann komisch sein. Es geht um die Situation, also: Was machen die beiden miteinander? Wir probieren es aus, bis es sitzt."

Wenn sie über ihre beiden Figuren sprechen, dann wissen sie, dass Willy und Al sich eigentlich noch nie leiden konnten. Man bildete eine eheähnliche Zweckgemeinschaft und musste auf Teufel komm raus komisch sein. Wenn das keine Tragödie ergibt! "Die Hakeleien zwischen den beiden sind natürlich komisch. Wenn sie sich nach elf Jahren wieder treffen, schlüpfen sie sofort in dieselben Muster wie früher", sagt Redl. "Sie waren nicht sehr berühmt", erklärt Garbers. "Ihre berühmteste Nummer war der Doktorsketch, und der ist recht erbärmlich. Jetzt sind sie alt, einsam, auf sie wartet das Altenheim. Trotzdem schließen sie keinen Frieden." Genug Stoff für Zoff also. Komischen Zoff.

Schon die Probe des Sketches misslingt, da man aus alter Rivalität die Zusammenarbeit blockiert, über Requisiten streitet, ein falsches Stichwort gibt. Al soll hinter einer Tür stehen und klopfen. "Poch, poch, poch", sagt er, und Willy antwortet: "Herrreinspaziert." Al ist entsetzt: "Was soll das bedeuten: ,Herrreinspaziert'? Wieso nicht ,herein'? Wir haben diesen Sketch 12 000-mal gespielt und du hast immer ,herein' gerufen. Warum änderst du den Text?" Und Willy antwortet: "Ich wollte die Nummer ein bisschen auffrischen. Heute haben wir eine neue Generation Publikum." So geht es hin und her. Wegen jeder Kleinigkeit.

"Dass Willy völlig vermüllt lebt, das fällt ihm nicht mehr auf, ist ihm egal. Aber was Al sagt, das ist ihm nicht egal", weiß Garbers. "Willy ist unglücklich, nach dem Motto, ich sehe nur unglücklich aus, bin es aber nicht." Was macht man als Schauspieler, damit die Zuschauer über so einen unglücklichen Menschen lachen können? "Wenn die Situation todunglücklich ist und man behauptet das Gegenteil, wird aber bei dieser Lüge ertappt", sagt Garbers "dann ist das einfach komisch." "Chaplin war auch oft tragisch und dabei sehr komisch", ergänzt Christian Redl. "Der Doktorsketch ist eigentlich furchtbar blöde, wie mit dem Holzhammer."

Willy und Al versuchen einander in die Defensive zu drängen. "Al wehrt sich aber erst, wenn Willy schon jede Möglichkeit genutzt hat, ihn fertigzumachen", sagt Garbers. Provozieren kann Al allerdings auch, "Al pikst Willy mit dem Finger, spuckt. Trotzdem versucht er immer wieder, Frieden zu schließen", ergänzt Redl. "Das sind zwei Bombenrollen für Schauspieler. Ich kenne kein Stück von heute, dass solche Rollen liefert. Heute werden Stücke gern zerhackt, und man guckt, was übrig bleibt." "Einzelne Rollen werden auf viele Schauspieler verteilt, die dann an die Rampe stürmen und die Essenz der Rolle versenden", klagt Garbers.

Bei "Sonny Boys" gibt es das nicht. Simons Stück zeigt wiedererkennbare Menschen. Sie sind wirklich komisch.

"Sonny Boys" St.-Pauli-Theater, Premiere 31. März, 20 Uhr, Spielbudenplatz, Karten 15,70 bis 41 Euro in allen HA-Ticketshops und unter der Ticket-Hotline 040/30 30 98 98 oder www.st-pauli-theater.de