Beim Paganfest in der Markthalle verbinden heute fünf Bands harten Metal mit den folkigen Klängen ihrer Heimat. Besser als jedes Endlos-Festival.

Markthalle. Früher war alles besser. Wer das sagt, meint meist eine Zeit, die mit Kindheits- oder Jugenderinnerungen verbunden ist. Eine Zeit, in der M&Ms noch Treets hießen und Fußballfans mit selbst gestrickten Vereinsschals in die Stadien gingen, für die Mutti ein paar Wochen lang die Nadeln geschwungen hatte.

So weit, so konsensfähig. Doch wenn die Teilnehmer am Paganfest in der Markthalle der seligen Vergangenheit huldigen, dann ist damit nicht die Zeit der Bonanza-Räder und Schlaghosen gemeint, dann geht es locker zwei Jahrtausende weiter zurück. In die Zeit der Thing-Versammlungen und Runengedichte, des einfachen Landlebens und der vorchristlichen Mythologie. Dann wird der Abwehrkampf der Germanen gegen das römische Reich beschworen oder die Schönheit der heimischen Wälder gepriesen. Und zwar zu einer Musik, die den harten Metal der Genre-Unterabteilungen Death und Black mit Folkelementen verbindet.

Endlos-Festivals, die sich vom späten Nachmittag bis in die tiefe Nacht ziehen, sind häufig eine Qual, weil talentfreie Brüllwürfel als Füllmasse auf die Bühne geschickt werden, die die Auftritte der eigentlichen Headliner immer weiter nach hinten schieben - bis schließlich alle Beteiligten müde und am Ende ihrer Kräfte sind. Wie fabelhaft, dass es beim diesjährigen Paganfest etwas anders kommt. Das eröffnet heute um 18.30 Uhr mit Solstafir eine isländische Band, deren CD "Svartir Sandar" dem "Metal Hammer" das "Platte des Monats"-Siegel wert war. Kein wummerndes Hauruck-Album, eher eine musikalische Auseinandersetzung mit der rauen Natur ihrer Heimat, vielschichtig und geheimnisvoll, schwermütig und elegisch. Eine Metalplatte für Menschen, die eigentlich keinen Metal mögen.

Das verbindet Solstafir mit den rumänischen Derwischen von Negura Bunget, die um 20.20 Uhr auf die Bühne gehen. Ihr psychedelischer Black Metal ist tief in der transsilvanischen Kultur verwurzelt. So sehr, dass das aktuelle Epos "Virstele Pamintului" im vergangenen Jahr in einer streng limitierten Luxus-Edition als sogenannte Earth Box erschien: eine grobe Holzkiste gefüllt mit transsilvanischer Erde, in der die CD verbuddelt ist. Für manische Sammler ein Traum. Eigentlich war die Band nach Differenzen unter den Musikern bereits ad acta gelegt, doch Drummer Negru, der in den Anfangsjahren von Negura Bunget auch ein heidnisch-philosophisches Magazin herausgab, entschied sich dafür, die Band mit neuen Musikern weiterzuführen.

Am Abgrund stand Primordial (21.20 Uhr) ebenfalls. Sänger Alan "Nemtheanga" Averill erinnert sich an das Jahr 2010: "Bisher waren wir immer eine starke Liveband gewesen, doch es schlichen sich nun ein paar Abende ein, an denen wir wegen des Alkohols und der anderen Versuchungen des Tourlebens nicht unsere übliche Stärke erreichten." Negativer Höhepunkt: eine desaströse Show in Athen, die fast zur Auflösung der Band geführt hätte und dem dann doch noch veröffentlichten Album "Redemption At The Puritan's Hand" das zentrale Thema vorgab: den Tod in all seinen Erscheinungsformen und spirituellen Deutungen.

Zu tiefsinnig und intellektuell? Keine Sorge: Beim Paganfest bekommt auch die Party-Fraktion einiges geboten. Auftritte des niederländischen Heidevolks (19.25 Uhr) etwa. Deren Folkmetal ist zwar so vorhersehbar wie Heimniederlagen des HSV, geht aber gut ins Ohr. Und Eluveitie (22.45 Uhr) ist eh eine Macht. Immerhin hat es der wilde Achter aus Winterthur mit seinem Album "Helvetios" bis auf Platz vier der Schweizer Charts geschafft. Da gehen auch in der Markthalle die (Fan-)Hände zum Himmel. Garantiert.

Paganfest heute, 18.15, Markthalle (U Steinstraße), Klosterwall 9-21), Karten zu 26,- im Vorverkauf; www.paganfest.eu