An diesem Sonnabend tritt Nachwuchshoffnung Melody Weiss mit Band beim 4. Elbinsel-Gipsy-Festival auf. Sie hat ihren ersten großen Auftritt.

Bürgerhaus. In ihrem Mädchenzimmer fallen zuerst die weich gezeichneten Blumen an den Wänden ins Auge. Melody Weiss selbst nennt es ihre "rosa Wolke". Vor der Haustür endloser Deich, unberührte Wiesen. Für die Musikerin ist es ein kleines Paradies. Wenn Melody Weiss singt, klingt das nicht nach rosa Wolken. Und so gar nicht nach einer 17-Jährigen.

In ihrer Stimme kreuzen sich Sehnsucht und Abgeklärtheit. Gebettet auf einen Teppich aus Jazz, Blues und Soul. Weiss hat den Hauptschulabschluss noch nicht in der Tasche. Seit sie sechs Jahre alt ist, nimmt sie Gesangsunterricht. An diesem Sonnabend hat sie beim 4. Elbinsel-Gipsy-Festival ihren ersten größeren öffentlichen Auftritt.

Weiss pflegt die Familientradition und ist in der deutschen Kultur verwurzelt

Sie hat Glück. Ihr Vater Kako Weiss unterstützt die Karriere der jungen Frau. Schließlich steht sie in einer langen Tradition: Seit 1982 leben 45 Familien mit 500 Mitgliedern, alle mit dem Namen Weiss, in Wilhelmsburg. Sie sind eine der größten Sinti-Familien in Deutschland. Vor allem das erfolgreiche Café Royal Salonorchester trug zur Bekanntheit des Musikerclans bei.

Als Kind summte Melody Weiss Melodien von Schneewittchen, Cinderella und anderen Disney-Filmen mit. "Bei uns erlernt jeder ein Instrument", sagt sie. "Ich habe immer schon gesungen." Lange war R-'n'-B-Sängerin Beyoncé ihr großes Vorbild. Heute hört Weiss lieber Kantigeres von Michael Jackson oder Ella Fitzgerald.

An die Sinti-Tradition erinnert im Leben der Melody Weiss auf den ersten Blick kaum etwas. Die jährlichen Familienurlaube zum deutschlandweiten Sinti-Treffen vermisst sie sehr. Bis zu 30 Wohnwagen gruppierten sich zu einer Burg. "Wir machten Musik und trafen viele Freunde wieder", sagt sie. Der Wohnwagen, er war in den frühen Jahren das Zuhause der Familie.

Es gab auch finstere Zeiten. Unter dem NS-Regime kamen etliche Familienmitglieder um. Jene, die zurückkehrten, begannen jenseits der Elbe ein neues Leben. Melody Weiss pflegt heute die Familientradition und ist in der deutschen Kultur verwurzelt.

Der Jazz hat es ihr angetan und natürlich die Musik der Sinti, die Manuschmusik. Früh übte sie gemeinsam mit ihrem Cousin, der ebenfalls den Namen Kako Weiss trägt, einem begabten Saxofonspieler, der beim Café Royal Salonorchester mitspielt. "Es gibt keinen Sinti, der die Manuschmusik nicht liebt", sagt sie. Bei ihrem Auftritt wird sie Coverversionen aus der Jazz- und Soultradition zum Besten geben. Neben Kako Weiss stehen Pianist Nils Kötting, Bassist Gerd Bauder und Schlagzeuger Michael Pahlich auf der Bühne. Weiss singt auf Englisch und Romanes, der Sprache der Sinti und Roma. "Meist geht es um eine unerfüllte oder scheiternde Liebe", sagt sie. "Ich bin stolz, Sinti zu sein. Das wird sich nie ändern."

Melody Weiss und Band 24.3., 23.30, 4. Elbinsel-Gipsy-Festival, Bürgerhaus Wilhelmsburg, (S Wilhelmsburg), Mengestraße 20, Eintritt 17,-/erm. 14,-; www.buewi.de