Dies sind drei Ingredienzien, mit denen William Boyd eine Geschichte um den Jung-Schauspieler Lysander Rief aus London erzählt. Dieser reist 1913 nach Wien, der Hauptstadt der Psychoanalyse. Von einer Therapie erhofft er sich die schnelle Heilung von einer "Anorgasmie".

Dabei unterliegt er dem unwiderstehlichen Sog Wiens, der "schönsten Stadt der Welt", die Boyd als Geburtsort der modernen Welt bezeichnet hat. Die Ereignisse überschlagen sich. Rief muss aus Wien mithilfe des Secret Service fliehen. Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges wird er zur Agententätigkeit verpflichtet. Rief reist zurück nach Wien und kann tatsächlich zur Aufklärung von Verrat beitragen. Die Figur des Spions erweist sich als idealer Kunstgriff, denn an ihr lassen sich alle Fragen der Identität schlüssig abhandeln. Sie kann als Sinnbild der Psychoanalyse gesehen werden, denn es dreht sich hier wie dort um die ewigen Fragen: Wer bin ich, und wem kann ich vertrauen?

Boyds lebendige Darstellungen der Schauplätze offenbaren den Kosmopoliten. Er wurde als Kind britischer Diplomaten in Ghana geboren, ging in Afrika und Schottland zur Schule. In vier Erzählungen, die nun auf Deutsch erscheinen, hat Boyd prägende Orte in Afrika und England beschrieben. Die Schilderung seiner ersten Flugreisen als Kind in den frühen 50er-Jahren liest sich wie ein Dokument zur Geschichte der Passagierluftfahrt.

William Boyd: Eine große Zeit. Übers. v. Patricia Klobusiczky. Berlin Verlag, 446 S., 22,90 Euro

William Boyd: Nach Hause fliegen. Übers. v. Matthias Fienbork. Edition 5plus. 67 S., 14,80 Euro. Exklusiv in den 5plus-Buchhandlungen ( www.5plus.org )