Der Israeli Dror Zahavi und der Deutsche Nico Hofmann haben einen Film über das Olympia-Attentat von 1972 gedreht - am Montag läuft er im ZDF.

Wenn Ulrich K. Wegener an den September 1972 zurückdenkt, redet er sich immer noch in Rage. Die Inkompetenz, mit der deutsche Behörden während der Olympischen Spiele in München versucht hatten, die Geiselnahme im olympischen Dorf durch ein palästinensisches Terrorkommando zu einem guten und unblutigen Ende zu führen, regt den 82-Jährigen bis heute auf. "Die bayerische Staatsregierung trägt die Verantwortung für das Desaster", sagt er. Wegener, später Chef der berühmten GSG 9, war damals als Adjutant von Innenminister Hans-Dietrich Genscher am Schauplatz der Katastrophe auf dem Flughafen Fürstenfeldbruck dabei. Doch die Federführung für die Aktion lag nicht bei einem vom Bund geführten Krisenstab, sondern bei der bayerischen Staatsregierung und Polizeipräsident Manfred Schreiber, die glaubten, die Krise allein handhaben zu können.

Produzent Nico Hofmann und der israelische Regisseur Dror Zahavi haben sich des Themas 40 Jahre später angenommen und einen hart an den Fakten orientierten Fernsehfilm über den Anschlag gedreht, der mit dem Tod aller elf Geiseln, eines Polizisten und fünf der Geiselnehmer endete. Die deutsche und die Weltöffentlichkeit waren damals entsetzt über die blutigen Spiele von München, die sich tief in das Bewusstsein derjenigen eingebrannt haben, die Zeugen dieser Katastrophe wurden.

Hofmann und Zahavi schildern die Tragödie als fiktionalen Stoff. Und doch soll "der Film aufklären, Hintergründe zeigen und ein Bild der Ereignisse zeichnen, das den unterschiedlichen Perspektiven der Beteiligten gerecht wird", sagt Hofmann. Die Olympischen Spiele 1972 sollten das Gegenteil von 1936 werden, bei denen das Nazi-Regime den olympischen Gedanken für seine Propagandazwecke missbrauchte. Die Idee der westdeutschen Sportfunktionäre und Politiker waren die "heiteren Spiele", Bundeskanzler Willy Brandt verkündete in einer Regierungserklärung: "Wir haben die Chance, der Weltöffentlichkeit das moderne Deutschland vorzustellen." Das bedeutete im Gegensatz zum Uniformkult der Nazis: Polizisten in hellen Anzügen ohne Waffen. Zu Fuß liefen sie über das Olympiagelände, als Freunde und Helfer. Diese Überlegungen sind nicht erst aus heutiger Sicht naiv. Zahavi zeigt eine Sitzung, in der ein Sicherheitsexperte ein fast identisches Szenario dessen entwirft, was dann tatsächlich am 5. September 1972 passierte: Das Terrorkommando kletterte über den Zaun, drang in die israelischen Unterkünfte ein, erschoss den Ringer Moshe Weinberg und den Gewichtheber Josef Romano und verlangte die Freilassung von 232 inhaftierten Palästinensern sowie der RAF-Terroristen Andreas Baader und Ulrike Meinhof. In der entsprechenden Filmszene wird der Experte vom bayerischen Innenminister Bruno Merk (Rainer Bock) und Polizeipräsident Schreiber (Heino Ferch) verlacht.

Die Geiselnahme passierte in einem Klima des Terrors, das sich durch ganz Europa zog. Die Köpfe der ersten RAF-Generation saßen bereits im Gefängnis, die Roten Brigaden verübten Terroranschläge in Italien, die IRA in Nordirland und England. In Spanien versuchte die ETA, politische Forderungen mit Gewalt durchzusetzen. Nur in Bayern glaubten ein paar Politiker, dass Deutschland während der Olympischen Spiele ein Idyll sein könnte.

"München 72 - Das Attentat" zeigt aber nicht nur das ungenügende Krisenmanagement und die Verhandlungen zwischen dem Anführer "Issa" Lutif Affif (Shredi Jabarin), sondern auch viele Szenen zwischen Geiseln und Geiselnehmern. Regisseur Dror Zahavi arbeitet seit 15 Jahren in Deutschland, für seinen persönlichen Zugang zum Thema findet er mitunter irritierende Worte. "Diese Leute waren keine Serienkiller, Psychopathen oder Sadisten, die kaltblütig töten wollten", sagt er. "Auch wenn die Mittel verbrecherisch sind, wurde Terror damals von der radikalen Linken als legitimes Mittel angesehen."

Um die Szenen im Olympiadorf authentisch wirken zu lassen, hat Zahavi ausschließlich mit israelischen und palästinensischen Schauspielern gearbeitet. Damit holte Zahavi den aktuellen Konflikt der Parteien hinein in den Set. "Die meisten der israelischen Schauspieler waren bis vor Kurzem noch Soldaten. Ihre Gewehre haben ihnen Macht gegeben, wenn sie zum Beispiel Palästinenser kontrollieren. Nun finden sie sich plötzlich in einer anderen Rolle wieder, denn die Palästinenser haben hier die Waffen. Das hat während der Dreharbeiten interessante Diskussionen ausgelöst", erzählt Zahavi. Ressentiments zwischen den Gruppen gab es am Set nicht. Man ging freundlich miteinander um und sprach nach Drehschluss offen über Themen wie Macht, Feindbilder und Möglichkeiten eines Miteinanders in Israel. Wichtig war Zahavi auch, dass die Rolle des "Issa" mit einem Palästinenser besetzt worden ist und nicht mit einem orientalisch aussehenden Deutsch-Türken.

Um aus der historischen Vorlage kein reines Doku-Drama zu machen, hat Drehbuchautor Martin Rauhaus die Polizistin Anna Gerbers (Bernadette Heerwagen) und den Hubschrauberpiloten Michael Bruckner (Felix Klare) als wichtige Figuren in den Plot aufgenommen. Beide waren bei den wirklichen Geschehnissen beteiligt, beide gingen später zur GSG 9, die als Konsequenz aus der Katastrophe von Ulrich K. Wegener gegründet wurde. Auf die "heiteren Spiele" musste Deutschland noch etwas länger warten: Die kamen erst im Sommer 2006 mit der Fußball-Weltmeisterschaft.

"München 72 - Das Attentat" Mo 19.3., 20.15, ZDF, im Anschluss läuft eine Dokumentation