Geistreiche Gesellschaftssatire: Alfred Dorfer ist derzeit Österreichs profiliertester Kabarettist. Heute und morgen gastiert er im Lustspielhaus.

Lustspielhaus. Man könnte ihn auch mit "Doktor Dorfer" ansprechen. "Bloß nicht!", entgegnet Alfred Dorfer. Er ist schließlich Kabarettist, neben Josef Hader derzeit der profilierteste aus Österreich. 2011 hat Dorfer dissertiert. In seiner Heimatstadt Wien. "Bayreuth war schon zu - im Jahr eins nach Guttenberg", bemerkt Dorfer süffisant.

Es sind noch gut zwei Stunden bis zum Auftritt in Braunau. Erst im Vorjahr hatte der dortige Gemeinderat Adolf Hitler die einst verliehene Ehrenbürgerwürde und das Heimatrecht entzogen. "Mein Publikum ist erst später geboren", beruhigt Dorfer, der seit mehr als 20 Jahren regelmäßig in Hitlers Geburtsort gastiert.

Seine Doktorarbeit mit dem Titel "Satire im restriktiven System des 20. Jahrhunderts", in der er auch den Faschismus in Italien und das Vichy-Regime in Frankreich untersucht hat, schrieb der Vielbeschäftigte quasi nebenbei. "Ich bin der ernsthaften Ansicht, dass man auch Ahnung haben sollte von der Theorie", erläutert Dorfer. Mit Satire vor Film- und Fernsehkameras sowie auf der Bühne kennt sich der 50-Jährige bestens aus.

Seine Biografie bildet denn auch das Grundgerüst seines Programms "bis jetzt". Mit dem hatte Dorfer im Vorjahr beim Kabarett-Fest im Lustspielhaus eine erfolgreiche Premiere gefeiert. Diesmal wollte der Kabarettist mit seinen "Buben" kommen, da aber einige Bandmitglieder erkrankt sind, gibt er zwei aktualisierte Soloabende.

Ein Best-of-Programm ist es "bis jetzt" ohnehin nicht, eher eine komische Reise von den 60er-Jahren bis zur Gegenwart. Satirisch und melancholisch collagiert und kontrastiert Dorfer Momentaufnahmen seines Lebens. Selbstironie gehört dabei immer dazu. Und natürlich schwarzer Humor.

+++ Alfred Dorfers satirische Reise durch die Zeiten +++

Den bewies Dorfer mit Josef Hader auch im tragikomischen Roadmovie "Indien", mit dem beide 1993 in ihrer Heimat und in Süddeutschland bekannt wurden. Das Stück über zwei Hygieneprüfer und Gewerbeaufseher des österreichischen Fremdenverkehrsamts hatten sie zwei Jahre zuvor auf die Bühne gebracht. Die beiden haben seit Mitte der 90er nicht mehr zusammengearbeitet. Doch "was selten ist unter Künstlern: Wir sind Freunde geblieben." Jeder für sich hat das traditionelle Nummernkabarett zu einer zwanglosen, fast poetischen Erzählung weiterentwickelt. So schildert Dorfer, der 2002 für sein Soloprogramm "heim.at" mit dem Deutschen Kleinkunstpreis ausgezeichnet wurde, in seinem Solo nicht etwa seine besten Jahre. Er kombiniert Bruchstücke aus seinen Anfängen in der Kabarettgruppe Schlabarett mit Ausschnitten aus späteren Produktionen zu einem eigenständigen Stück.

Und das, verrät Dorfer, existiert in einer österreichischen und in einer deutschen Fassung. Aber auch hierzulande gebe es Unterschiede: Eine Passage über Sozialbauten sei bei Auftritten in München kaum auf Resonanz gestoßen, in Berlin "wegen der vielen leer stehenden Häuser" aber schon. Da Hamburg eine wachsende Stadt ist, wird er die Nummer beim hiesigen Gastspiel vermutlich drinlassen. "Sollte man Obdachlose nicht zu einer Geldstrafe verdonnern, weil sie ihre Freiluftmiete nicht entrichtet haben?", fragte Dorfer im "Donnerstalk". So heißt nicht nur seine Late-Night-Show im ORF und auf 3sat, sondern auch seine Rubrik in der Österreich-Ausgabe der "Zeit".

Seine Glossen zeigen Dorfer als leidenschaftlichen Vordenker und Nachfrager, als geistreichen Gesellschaftssatiriker und scharfsinnigen Politkabarettisten. Und wenn er, ganz Wiener, bei Witzen über den Tod wie im Vorjahr beim Hamburger Publikum "positive Entrüstung" spürt, freut ihn das. Besser als gar keine Reaktion. Weitere Themen? "Wulff wird nicht vorkommen", versichert Dorfer. "Merkel auch nicht."

Dann muss er sich langsam präparieren. In Braunau wartet das Publikum auf den "Herrn Doktor".

"Bis jetzt" Mo 19.3., Di 20.3., jew. 20.00, Lustspielhaus (U Hudtwalckerstr.), Ludolfstr. 53, Karten zu 20,50 bis 27,50 unter T. 55 56 56 56