Presserabatte sind ins Gerede gekommen. Die Bahn hat ihre BahnCard-Ermäßigung für Medienvertreter bereits abgeschafft - ein Trend?

Hamburg. Wer als Journalist die Kommentare mancher User auf Pressekonditionen.de liest, schämt sich mitunter für den eigenen Berufsstand. Auf dem Portal finden sich unzählige Vergünstigungen auf Produkte oder Dienstleistungen - von der Urlaubsreise bis zur Stereoanlage, vom Neuwagen bis zu Weinspezialitäten -, die Inhabern von Presseausweisen gewährt werden. Diese Presserabatte liegen meist zwischen fünf und 25 Prozent.

Offenbar glauben nicht wenige Journalisten, Angehörige ihrer Profession hätten ein gottgegebenes Anrecht auf derlei Preisnachlässe. Auf Pressekonditionen.de wird jedenfalls kräftig gemeckert, wenn mit dem neu erworbenen Schnäppchen irgendetwas nicht stimmt - vor allem über "nicht hinnehmbaren Service", "unfreundliches Personal" oder ein "dürftiges Angebot".

Bei der Lektüre dieser Kommentare stellt sich die Frage, mit welchem Recht sich Journalisten über die Schnäppchenmentalität des einstigen Bundespräsidenten Christian Wulff beklagen. Das fragte sich offenbar auch die Deutsche Bahn. Kunden, die beim Kauf ihrer BahnCard 50 einen Presserabatt von 50 Prozent in Anspruch genommen hatten, teilte sie vergangene Woche mit, dass dieses Angebot zum 15. April auslaufe. "Nicht nur die Medienwelt hat sich grundlegend verändert, auch die gesellschaftliche Sicht der Dinge wandelt sich, ebenso die Diskussionen innerhalb des journalistischen Berufsstands", hieß es in dem Schreiben der Bahn. Der Rabatt sei "nicht mehr zeitgemäß".

Deutlicher möchte ein Sprecher auch auf Nachfrage nicht werden. Die Frage, warum die Bahn den Rabatt 2004 überhaupt eingeführt hat, beantwortet er ebenfalls nicht. Vom dafür verantwortlichen Management sei leider niemand mehr im Unternehmen.

Dabei liegen die Gründe für die Gewährung der 1776 Presserabatte - von der Maßkonfektion bis zum Italienischkurs, vom kostenlosen Zoo-Besuch bis zum Erotikbedarf -, die das mit Pressekonditionen.de verwandte Portal Journalismus.com auflistet, auf der Hand. Wer Presseleuten einen Preisnachlass anbietet, hofft auf ein gutes Image. Denn Journalisten gelten als Multiplikatoren. Und nicht wenige von ihnen nutzen Presserabatte: 74 Prozent aller Tageszeitungsjournalisten sollen schon einmal eine solche Vergünstigung in Anspruch genommen haben.

Keine der einschlägigen Standesorganisationen verbietet ihren Mitgliedern, Journalistenrabatte zu nutzen. Ein Sprecher des Deutschen Journalistenverbandes weist aber darauf hin, dass sich "angreifbar" mache, wer über "Unternehmen berichtet, von denen er Rabatte angenommen hat". Die Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union, Cornelia Haß, rät von der Annahme von Presserabatten ab, was prinzipiell auch Benno Stieber tut, der Vorstandsmitglied der Freischreiber ist, einer Organisation freier Journalisten. Stieber will vor dem Hintergrund der sich ständig verschlechternden Konditionen für Freie aber auch keinem Mitglied einen Vorwurf machen, das Presserabatte nutzt. "Viele Kollegen bekommen von ihren Auftraggebern nicht einmal ihre Spesen erstattet", sagt er. Sogar große Regionalzeitungen ersetzten freien Journalisten mitunter nicht deren Auslagen.

Den nun gestrichenen Presserabatt für die BahnCard hält Stieber übrigens für eine untypische Vergünstigung. Von den verbilligten Fahrkarten die mit ihr erworben werden können, hätten vor allem Auftraggeber profitiert, die Journalisten noch Spesen ersetzen. Typischer ist da wohl der Presserabatt von bis zu 25 Prozent, den Air Berlin Journalisten in Aussicht stellt. Er wird "ausschließlich" für "Privatreisen", nicht aber für "Geschäftsreisen" gewährt, wie es auf der Site der Fluglinie heißt.