René Polleschs “Die Kunst war viel populärer ...!“ spielt ab 17.3. im Schauspielhaus

Schauspielhaus. Der Berliner Dramatiker und Regisseur René Pollesch ist ein Bühnen-Hansdampf, eine turboschnelle Assoziationsmaschine. Unermüdlich spuckt er jedes Jahr gleich fünf bis acht neue Werke aus.

Markenzeichen sind eine mit beachtlicher Gedankenschärfe formulierte Systemkritik, eine unverhohlene Liebe zur Hysterie des Boulevards und die Aufwertung der Souffleuse, die sich in dem notorischen Schnellsprech - zwangsweise - von der Stichwortgeberin zur Mitspielerin emanzipiert. Für seine Arbeiten hat Pollesch diverse Preise eingesammelt und gerade wieder einmal eine Einladung zu den Mülheimer Dramatikertagen erhalten.

Sein aktueller Streich "Die Kunst war viel populärer, als ihr noch keine Künstler wart!" reflektiert das Innere des Theaterbetriebes eingedenk der Tatsache, dass der dort vertretene Künstlertypus den flexiblen Menschen des Kapitalismus glasklar repräsentiert. So wie ihn Luc Boltanski und Eve Chiapello 2003 in "Nouvel esprit du capitalisme" beschrieben haben. Hemmungslos kreativ und weitgehend bedürfnislos hält er im kulturellen Prekariat als Protoyp der Selbstausbeutung den Apparat am Laufen. Am 17. März ist Premiere der Koproduktion mit der Berliner Volksbühne im Schauspielhaus. Seit er in der Ära Tom Stromberg an gleicher Stelle mit der Bühnensoap "World Wide Web-Slums" für Furore sorgte, hat René Pollesch eine stabile Fangemeinde in der Hansestadt.

Polleschs Bühnenbildner hat seine Szenerie einem "Hamlet" am Meininger Hoftheater von 1866 entlehnt. Auf der Bühne gibt's ein sicherlich furioses Wiedersehen mit zwei geschätzten Darstellern der Ära Baumbauer, Catrin Striebeck (die noch einen Koffer in Hamburg hat) und Marc Hosemann (der gebürtiger Hamburger ist). Gemeinsam mit Marlen Diekhoff, Christine Groß und der Volksbühnen-Furie Silvia Rieger entfachen sie ein typisch polleschsches Gedanken- und Sprachgewitter. Hosemann wirft sich gleich in zwei Rollen als Operndirektor und Opernsänger. Die vier Diseusen schmettern dazu Verdi-Arien aus dem Off, dabei in Wallegewändern samt gefiederten Helmen den historischen Fundus des Mediums zitierend. Es sind Verirrte in einer illusionistischen Welt, die hier als Metapher der gesamtgesellschaftlichen Wirklichkeit dient und wortgewaltig durchgekaut wird. Die Zwänge der Ökonomie, sie sind längst auch im Theater angekommen.

"Die Kunst war viel populärer, als ihr noch keine Künstler wart!" Premiere Sa 17.3., 20.00, Schauspielhaus (U/S Hbf.), Kirchenallee 39, Karten zu 14,50 bis 62,50 unter T. 24 87 13 oder www.schauspielhaus.de