Büchner-Preisträger Friedrich Christian Delius liest im Literaturhaus aus seinem Erinnerungsbuch

Hamburg. Zur allerersten Riege deutscher Dichter hat Friedrich Christian Delius nie gehört, dabei ist er doch einer unserer klarsichtigsten: Im vergangenen Jahr erhielt der Berliner nicht unverdient den Büchner-Preis.

Die Auszeichnung rundet die Karriere des Schriftstellers ab. Seine Romane beleuchteten die alte Bundesrepublik von ihrer linken Seite her: "Mörder für ein Jahr", "Der Sonntag, an dem ich Weltmeister wurde" und "Amerikahaus und der Tanz um die Frauen" sind da zum Beispiel als Titel zu nennen.

Wer den wichtigen Büchner-Preis bekommt, darf allemal ein Erinnerungsbuch schreiben. Das von F.C. Delius heißt "Als die Bücher noch geholfen haben" (Rowohlt Berlin, 297 S., 18,95 Euro) und ist überaus lesenswert. Im stellenweise amüsierten und selbstironischen, die eigenen Anfänge dennoch stets ernst nehmenden Ton erzählt Delius von 1968, der Gruppe 47, Klaus Wagenbach und vielem mehr. Delius ist ja, neben Uwe Timm, der Chronist der Generation der 68er. Geboren wurden die zumeist in den Kriegsjahren. Delius kam 1943 in Rom zur Welt. Der Vater war Pfarrer und tritt im Werk des Dichters oft als Autorität auf. An deren Sockeln rüttelten die Studentenrebellen bekanntlich. Die Zeit des Umbruchs ist in Delius' Buch greifbar.

Er war mittendrin (als Bewohner Berlins) und doch auch vor allem Beobachter der Ereignisse. Er lernte Dutschke kennen und die literarischen Größen der Zeit; erlebte die große Zeit der sich selbst organisierenden Studenten und den Wahnsinn des RAF-Terrors. Vor der großen spielte die persönliche Geschichte des Literaturmenschen Delius, der im zarte Alter von 21 Jahren erstmals vor den Großkopfeten der deutschsprachigen Literatur las, als er zur Gruppe 47 eingeladen wurde. Er schrieb in diesen jungen Jahren auch Rezensionen.

Einen Prosa-Versuch des Lyrikers Günter Eich verriss er übrigens. Blöd nur, dass er den viel Älteren kurz darauf bei einer Tagung der Gruppe 47 traf. Delius, so beschreibt er es in "Als die Bücher noch geholfen haben", genügte ein Blick Eichs, um Delius die Anmaßung eines Kritikers vor Augen zu führen. Danach schrieb er weiter Literatur, aber nicht mehr über Literatur.

Es geht in seinem biografischen Buch, das gewichtig und leicht zugleich ist, vor allem um das Glück der Literatur. Man sollte sich also von dem irreführenden Titel keineswegs abschrecken lassen.

F.C. Delius Lesung heute, 19.30, Literaturhaus (Metrobus 6), Schwanenwik 38. Eintritt 10,-/8,-/6,-