Ohne Karl May hätte es Indianer nie gegeben. Ja, manche behaupten sogar, ohne ihn wäre auch Amerika nicht denkbar. Und tatsächlich, wer sich einmal die Mühe macht, das vollständige Werk Mays zu lesen, der findet darin im Grunde Visionen von alledem wieder, was das heutige Amerika ausmacht: Burger, Elvis oder Las Vegas.

Es verwundert daher nicht, dass die ersten Siedler, neben Unterwäsche zum Wechseln, die Gesamtausgabe Mays mit sich führten und nach dessen bildhaften Beschreibungen die heutigen USA aufbauten. Als Dank nannten sie es Amerika, ein Anagramm von Karl May, zumindest wenn man weiß, dass dieser eigentlich Kari Mae hieß.

Die Idee mit den Indianern, sagte May in einem Interview, sei ihm im Schlaf gekommen. Dunkle Weite habe er im Kopf gehabt, als mit einem Mal ein Indianer ins Bild trat und "Howgh!" machte. May sei hochgeschreckt und habe, um nichts zu vergessen, auf fast 100 Seiten diesen Indianer beschrieben. Dann habe er sich selbst seiner Sachen entledigt, die Bettdecke aufgeschlitzt, um sich mit den kümmerlichen Federn daraus ein wenig zu schmücken. Mit Tinte habe er sich verrückt angemalt.

Seine Eltern hatten nicht viel übrig für Indianer. In Ernstthal feierte man ja noch nicht mal Fasching. Und als May am Morgen als Indianer zum Frühstück erschien, schrie die Mutter: "Erst Gefängnis, und nun auch noch Indianer, nein, oh, Herr!" Aber so ist das mit einer guten Idee: Es braucht Zeit, bis sie sich durchsetzt. Heute ist der Indianer ein Sinnbild für nackte Freiheitsliebe, und man schätzt, dass es selbst in Hamburg eine halbe Million Indianer gibt, die meist nachts der Indianerei nachgehen.

Nun, 2012, ist das Karl-May-Jahr. Vom 8. März an feiert man ein Jahr lang im Literaturhaus den Erfinder der Indianer. Man hofft, dass möglichst viele Indianer den Weg dorthin finden. Im Hof stehen Wigwams, und Oberhäuptling Rainer Moritz kocht echte Indianersuppe. Howgh!