Edita Gruberova war das Kind einfacher Weinbauern, heute gehört sie zu den größten Sängerinnen unserer Zeit. Am Donnerstag in Hamburg.

Hamburg. Nur selten trifft ein Sängerspitzname so ins Schwarze wie bei Edita Gruberova. Ihre Fans verehren sie als "slowakische Nachtigall". Und wer ihre Stimme hört - etwa auf der kürzlich erschienenen Sammlung mit Liveaufnahmen der Wiener Staatsoper von 1977 bis 2010 - meint mitunter wirklich, einem ornithologischen Wunder zu lauschen: Scheinbar mühelos zwitschert sie die höchsten Spitzentöne wie in Mozarts "Zauberflöte", selbst die schnellsten Koloraturen gurren ihr geschmeidig aus der Kehle. Edita Gruberova tiriliert mit einer Leichtigkeit, um die sie viele Kolleginnen beneiden - und die sie zu einer der größten Sängerinnen unserer Zeit gemacht hat.

Für die Sopranistin selbst stand die Virtuosität jedoch nie im Vordergrund, wie sie mal im Gespräch mit dem Radiosender NDR Kultur betont hat: "Ich habe mich das ganze Leben davor gehütet, nur die Kaskaden darzustellen und zu brillieren. Ich versuche schon zu brillieren, aber es immer als Ausdruck darzustellen: von einer aufgewühlten Seele, von einem zitternden Herzen."

So wie etwa in Bellinis "Norma" - an die sie sich aus Ehrfurcht vor Maria Callas erst mit 60 herantraute - oder in Donizettis "Lucia di Lammermoor", zwei ihrer Paraderollen. Die Lucia mit ihrer berühmten Wahnsinnsszene hat sie mehr als 200-mal an den großen Opernhäusern gesungen, unter anderem 1978 in ihrer Wahlheimat Wien. Dieser Auftritt bescherte der Slowakin endgültig den internationalen Durchbruch. "Ich habe mich damals gefühlt wie im Himmel, wie im Paradies, dass ich so eine Produktion machen darf. Und es scheint, dass ich den Anforderungen gerecht wurde."

So bescheiden erinnert sich die Sängerin an ihren sensationellen Erfolg. Edita Gruberova ist keine selbstverliebte Diva mit Starallüren, sondern hat immer ihre Bodenhaftung bewahrt. Sie stammt aus einer Familie einfacher Weinbauern am Stadtrand von Bratislava. Die ungarische Mutter und der deutschstämmige Vater haben beide zu Hause viel gesungen und damit ihre Tochter angesteckt. "Ich kann mich erinnern, wie ich als Kind auf einen Baum geklettert bin und einfach losgesungen habe. Sehr sauber und sehr hoch."

Die kleine Edita versüßte ihren Eltern und den Nachbarn die mühsame Arbeit, indem sie auf dem Feld Volkslieder trällerte; sie sang auch gern für ihre Klassenkameraden und kam 1959 in den Kinderchor des slowakischen Rundfunks, in dem sie sofort die Soli übernahm.

Eine professionelle Perspektive ihres Talents sah Gruberova damals trotzdem noch nicht. Sie wollte weiter Krankenschwester werden. "Der Chorleiter sagte zwar, ich solle Gesang studieren, aber das war mir suspekt. Ich sang ja schon und wusste gar nicht, wozu das gut sein soll! Ich hatte auch noch nie ein Opernhaus besucht und konnte mir einen Beruf als Sängerin gar nicht vorstellen."

Das änderte sich erst, als sie mit 15 Jahren, beim Konfirmandenunterricht, ihrem musikalischen Pfarrer begegnete. "Er hat mich im Gottesdienst und bei den großen Kirchenfesten auf der Orgel begleitet und gesagt: Du musst unbedingt Opernsängerin werden! Mit seiner Hilfe habe ich dann auch die Aufnahmeprüfung am Konservatorium in Bratislava bestanden."

Schon während des Studiums feierte Edita Gruberova ihr erfolgreiches Debüt als Rosina in Rossinis "Barbier" - doch die Oper ihrer Heimatstadt wollte sie trotzdem nicht längerfristig engagieren. Schön dumm. So fiel der Startschuss zur Weltkarriere einige Jahre später in Wien, nachdem die Sängerin ihre Heimat schweren Herzens verlassen hatte. Von Österreich aus eroberte sie die großen Bühnen wie Mailand, London und New York.

Neben den Opern von Mozart und Richard Strauss - dessen Zerbinetta sie allein in Wien sage und schreibe 100-mal gesungen hat - rückte die Musik des italienischen Belcanto im Laufe der Zeit immer mehr ins Zentrum ihres Repertoires.

Diese Vorliebe prägt auch ihr Hamburger Konzert: Beim Auftritt am morgigen Donnerstag in der Laeiszhalle ist Edita Gruberova unter anderem mit Arien von Donizetti und Bellini zu erleben. Begleitet wird die slowakische Nachtigall, die im Dezember ihren 65. Geburtstag feierte, von der Neuen Philharmonie Westfalen unter Leitung von Andriy Yurkevych.

Edita Gruberova Do 8.3., 20.00, Laeiszhalle (U Gänsemarkt), Johannes-Brahms-Platz, Karten zu 39,- bis 103,- an der Abendkasse