In der Freien Akademie der Künste las Feridun Zaimoglu aus neuen Liebesgeschichten

"Du verstärkst jetzt unsere Türken-Fraktion und bist darin der Zweite nach Fatih Akin." Mit diesen Worten begrüßte Ulrich Greiner, Präsident der Freien Akademie der Künste, am Montag das neu gewählte Mitglied Feridun Zaimoglu. Der blickte verblüfft. Greiner fragte nach, ob der Ausdruck "Deutschtürke" vielleicht besser sei. Aber der Angesprochene schlug dann doch die Version "Deutscher türkischer Herkunft" vor. Nachdem das geklärt war, ging es endlich um Literatur und große Gefühle. "Liebesgeschichten" hatte sich der Autor als Motto für seine Lesung ausgesucht.

Rund 130 überwiegend jüngere und weibliche Zuhörer, darunter auch einige Liebende, kamen zu der Lesung, in der Zaimoglu bisher unveröffentlichte Texte vorstellte. Er begann mit einem "Liebesbrief". Was er da schilderte, war allerdings keine romantische Schwärmerei, sondern erinnerte schon eher an ein Duell. Der Briefschreiber warf seiner Angebeteten vor, zu oft zu still zu sein. Seine lustvollen Annäherungen, die er betrieb, "wie ein Gockel mit gespreiztem Gefieder", wies sie zurück und warf ihm stattdessen vor: "Du besserst dich wie der Pelz beim Waschen, nämlich gar nicht."

Zaimoglu, der in seinem aktuellen Roman "Ruß" von einem Kioskbesitzer im Ruhrgebiet erzählt, hat kontinuierlich weitere Kreise gezogen, seit er vor 17 Jahren mit "Kanak Sprak" den literarischen Durchbruch schaffte. 17 Bücher hat der Bachmann-Preisträger seitdem veröffentlicht, aber nicht nur das. Zur Lesung kam er direkt aus Wuppertal, wo gerade nach dem von ihm und seinem Kollegen Günter Senkel verfassten Libretto die Kammeroper "Aufstand" über die Revolution von 1848 erfolgreich aufgeführt wurde. Die Universitätsbibliothek in seinem Wohnort Kiel zeigt zurzeit eine Ausstellung seiner Bilder. Der Malerei hatte er sich schon vor der Literatur gewidmet. So passte es auch, dass er "Ich, Max Beckmann" vortrug, einen Text, in dem er sich an einer Ausstellung mit elf Bildern des Expressionisten orientiert und die Bildertitel nahtlos in den Text einarbeitete.

"Früher wollte ich cool sein. Heute würde ich mich auf Gruppenfotos aus der Zeit gern schwärzen", sagte der 47-Jährige rückblickend. Er outete sich als Liebhaber der düsteren Momente in der romantischen Literatur. An Liebesgeschichten, sagte er, interessiere ihn das Nebeneinander von Temperatur und Temperaturstürzen, die Mischung aus Verfehlung und Minnesang. Den bewundert er als "Heilquelle der deutschen Erzählkultur" sehr, "auch wenn man mich vielleicht eher bei 'Ali Baba und die 40 Räuber' vermutet."