Selbst Meryl Streep kann das unentschiedene Drama “Die Eiserne Lady“ nicht retten
Die alte Dame, die in dem kleinen Laden in London Milch kauft, ist etwas verwirrt. Aber mit den Preisen kennt sie sich noch ganz gut aus. Dann humpelt sie zurück in ihre Wohnung, in der sie auf alarmiertes Personal stößt. Die Mitarbeiter sollten eigentlich auf die demente Ex-Premierministerin Margaret Thatcher (Meryl Streep) aufpassen, aber sie war ihnen entwischt. Zurück in ihrer Wohnung, unterhält sie sich immer wieder mit ihrem Ehemann Denis (Jim Broadbent). Aber die Gespräche sind Produkte von Thatchers Einbildung, denn Denis ist längst gestorben. Der Alltag der greisen Politikerin bildet den Rahmen für "Die Eiserne Lady". In Tagträumen und mit Erinnerungen verbringt Thatcher ihre Zeit.
In zahlreichen Rückblenden erzählt der Film die Geschichte eines politischen Aufstiegs und eines körperlichen und mentalen Verfalls. Die junge Margaret Roberts, wie sie mit Mädchennamen hieß, entwächst bald der engen Welt des väterlichen Lebensmittelgeschäfts und studiert in Oxford Chemie. Aber die Politik interessiert sie mehr. Sie boxt sich in der von Männern dominierten Konservativen Partei durch, wird Premierministerin und damit der erste weibliche Regierungschef der westlichen Welt. Durchsetzungsstark und unbeirrbar geht sie private wie politische Probleme an und vergrätzt dabei so manches Kabinettsmitglied.
Verfilmte Biografien, sogenannte Biopics, sind ein schwieriges Gelände: Man braucht einen speziellen Ausschnitt oder Blickwinkel, damit die Dramaturgie funktioniert. Für "Die Eiserne Lady" haben sich Regisseurin Phyllida Lloyd und Drehbuchautorin Abi Morgan auf den Rückblick aus dem Siechtum auf hellere Tage entschieden. Lloyd, die zuvor das ABBA-Musical "Mamma Mia!" verfilmt hatte, setzt zu viel Musik ein und lässt die ereignisreiche Regierungszeit Thatchers - sie gewann einen Krieg, reduzierte drastisch die Macht der Gewerkschaften und überlebte einen Bombenattentat - wie eine Nummernrevue ablaufen. Das ist zu wenig, auch wenn Meryl Streep eine großartige Leistung abliefert und dem Original allein schon stimmlich verblüffend nahekommt. Maske und Kostüm sorgen für noch mehr Ähnlichkeit. Aber Thatcher hat ihr Volk in ihrer Regierungszeit in zwei Lager gespalten. Bewunderer standen Menschen gegenüber, die unter ihrer Politik zu leiden hatten und mit ihrer Kompromisslosigkeit wenig anfangen konnten. Der Film versucht sich zwischen beiden Extremen hindurchzulavieren und geht oberflächlich über polarisierende Ereignisse hinweg. Das ist zu unpolitisch und zu meinungsschwach - was Thatcher selbst nie gewesen ist. Der große Jim Broadbent muss Denis Thatcher als albernen Typen spielen, der immer wieder Slapstick-Auftritte abliefert.
Bewertung: annehmbar
"Die Eiserne Lady" GB 2011, 105 Min., ab 12 J., R: Phyllida Lloyd, D: Meryl Streep, täglich im Abaton (OmU), Holi, Koralle, Passage, Streit's (OF), UCI Mundsburg, Zeise; www.eisernelady-derfilm.de