Hedi Kriegeskotte spielt das “Wunschkonzert“ von Franz Xaver Kroetz ganz ohne Worte

Hamburg. Fräulein Rasch kommt wie immer von der Arbeit nach Hause. Iris Holstein (Bühne) hat mit Bad, Bett, Küchenzeile und Sofa die Zimmer der kleinen, pieksauberen Wohnung markiert. Fräulein Rasch hängt den Mantel an den Haken, packt Einkäufe aus, wäscht sich die Hände, bereitet das Abendbrot. Lässt es sich langsam kauend schmecken. Dann der Abwasch, das Zigarettchen draußen vor der Tür. Jedes Ding hat seinen Platz, jedes Tun läuft in gewohnter Ordnung ab. Sie ist das Gerüst, das einem 20 Jahre alten, arbeitsamen, einsamen, leeren Leben Halt und Sinn gibt.

In "Wunschkonzert", einem 1971 geschriebenen Acht-Seiten-Text aus Regieanweisungen, attackiert der Dramatiker Franz Xaver Kroetz das sich in die Konsumgesellschaft einfügende, nach ihren Gesetzen still duldend funktionierende und in "kleinen törichten Selbstmorden oder Morden" aufbegehrende Individuum. "Nur so ist es möglich, dass die unmenschliche Ordnung, in der wir leben, aufrechterhalten werden kann und wir weiter darin leben müssen", heißt es in der Vorbemerkung zum Monodram.

Hedi Kriegeskotte und die Regisseurin Christine Gerstner ersparen sich die "linke Sozialattacke" und zeigen im intimen Raum des Rangfoyers im Schauspielhaus eine filigran und präzise gearbeitete Studie der Vereinsamung. Sie überlassen es dem Zuschauer, beim stummen Spiel seine Gedanken sprechen zu lassen. Über das Leben von Fräulein Rasch und die Hintergründe ihres sich nur in wenigen Momenten ankündigenden Entschlusses, dem Leben ein Ende zu setzen.

Die körperliche Nähe im Rangfoyer lässt die Schauspielerin ganz normal agieren. In ihrem äußerlich spannungslosen Spiel baut sie eine innere Spannung auf, die die Aufmerksamkeit des Zuschauers über eineinhalb Stunden wach hält. Durch automatisch ablaufende Bewegungen und Gewohnheitsgesten lässt Kriegeskotte die Leblosigkeit des ungeliebten Körpers spüren. In Augenblicken des Innehaltens oder abwesenden Starrens signalisiert sie das Leiden, die Mühsal, die Last dieses Lebens. Einmal unterbricht sie das auf Kante exakte Falten des Tischtuchs und wirft sich aufs Bett. Nur kurz. Kehrt zurück zum Teppichknüpfen. Dieser Abend verläuft nicht wie alle anderen. Hedi Kriegeskotte zeigt eindringlich: Im Tod nimmt Fräulein Rasch einmal ihr Leben in die Hand.

"Wunschkonzert" 3., 9., 29.3. u. 21.4., jeweils 20.30 Uhr, Rangfoyer im Schauspielhaus, Karten unter T. 24 87 13; www.schauspielhaus.de