Im neuen Münchner “Tatort“, der auch ein Familiendrama ist, wird gegen Kommissar Leitmayr ermittelt. Es ist ein bedrückender Film geworden.

Hamburg. Von den "Tatort"-Kommissaren, die paarweise ermitteln, sind sich die Münchner Ivo Batic und Franz Leitmayr am ähnlichsten. Während etwa der Unterschied zwischen den Münsteraner Ermittlern - dem versnobten Gerichtsmediziner Karl-Friedrich Boerne und dem bodenständigen Kommissar und FC-St.-Pauli-Fan Frank Thiel - kaum größer sein könnte, sind ihre im Dienst zeitgleich ergrauten Münchner Kollegen bayerische Frohnaturen, die in früheren Folgen nach getaner Arbeit noch gemeinsam musizierten.

Dabei war das Duo Batic/Leitmayr ursprünglich als Gegensatzpaar angelegt: Hier der ruppige Kommissar mit Migrationshintergrund, dort der studierte, feinsinnige Ermittler. Den Schauspielern Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl war das zu klischeehaft, weshalb sie Batic und Leitmayr lieber als gleich gesinnte Kumpel geben.

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Ist es die Rache der Drehbuchautoren, dass sie in letzter Zeit immer mal wieder eine der beiden Figuren Extremsituationen aussetzen, die deren Freundschaft auf eine harte Probe stellt? Ende 2009 verlor beispielsweise in der Folge "Wir sind die Guten" Batic bei einem Autounfall, bei dem eine Kollegin ums Leben kam, kurzzeitig das Gedächtnis. Er zweifelte an allem, selbst an seinem Kollegen Leitmayr.

Diesmal wird Batic' Loyalität von Leitmayr infrage gestellt: Bei einem Einsatz hat er einen Verdächtigen mit drei Schüssen niedergestreckt, der ihn und eine Polizeischülerin mit der Waffe bedrohte. Zunächst wird er von den Zeitungen als Held gefeiert. Dann stellt sich heraus, dass die Waffe, mit der er bedroht wurde, eine Schreckschusspistole war. Zudem hätte Leitmayr den Verdächtigen kennen müssen. Der bislang gänzlich unbescholtene Mann lebte in dessen unmittelbarer Nachbarschaft bei seinen betagten Eltern, dem Ehepaar Aumeister, das ein Haushalts- und Eisenwarengeschäft führt. Als Leitmayr schließlich erfährt, dass ausgerechnet Batic der internen Ermittlung erzählt hat, sein Kollege habe an dem Tag, an dem er die Schüsse abgab, ein paar Tabletten eingeworfen, um seinen Zahnschmerz zu bekämpfen, ist es mit dessen Contenance endgültig vorbei.

Wachtveitl spielt hier sehr eindrucksvoll einen Polizisten, der große Probleme damit hat, einen Mann niedergeschossen zu haben - und das nicht nur, weil am Ende gegen ihn selbst wegen fahrlässiger Tötung ermittelt wird. Aber auch die zweite Handlungsebene hat es in sich: Der Mann, den Leitmayr niederschoss, hatte sich verdächtig gemacht, weil er sich neben einem brennenden Auto aufhielt, auf dessen Beifahrersitz eine weibliche Leiche saß. Um wen es sich bei der Frau handelt, wollen weder dessen Eltern noch sein älterer Bruder Markus wissen. Aber Markus, der in einem Baumarkt arbeitet und offenbar Probleme mit seinem Vater hat, scheint etwas zu verbergen.

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Schnell ist klar, dass Batic und Leitmayr hier Zeugen eines schweren familiären Konflikts werden. Und während Leitmayr mehr schlecht als recht versucht, mit den massiven Vorwürfen, die gegen ihn erhoben werden, fertigzuwerden, droht das Familiendrama zu eskalieren.

Trotz des sonst so fröhlichen Naturells der Münchner "Tatort"-Kommissare ist dies ein eher bedrückender Film. Im richtigen Leben müsste sich ein Polizist aus einem Fall, in dem gegen ihn selbst ermittelt wird, wohl sofort zurückziehen. Doch dies ist der einzige nennenswerte Fehler, der den Drehbuchautoren Magnus Vattrodt und Jost Christian Oetzmann sowie Regisseur Thomas Stiller in ihrem sehr stimmig inszenierten Film unterlaufen ist.

"Tatort - Der traurige König" Sonntag 20.15, ARD