Schwedischer Musiker mit Popstar-Appeal: Martin Frösts Kammermusikabend “Vinterfest“ im kleinen Saal der Laeiszhalle war ein Traum.

Hamburg. Stille gehört zur Musik wie die Luft zum Atmen. Wo es leise wird, weitet sich das Ohr, im Lauschen öffnet sich eine Welt nach innen. Meist folgt das Hören einem leiser werdenden Klang nach, bis er im Nichts versickert.

Wie ein Klang aus dem Nichts entsteht, ein Ton aus der Stille ins Leben hineingeflüstert wird und trotz minimalen Volumens wie ein Bonsaibäumchen alle Charakteristika des ausgewachsenen Klangs schon mit sich bringt, das erlebt man viel seltener. Cecilia Bartoli vermag das mit ihrer Stimme, Martin Fröst bringt diesen Zauber auf der Klarinette zustande.

Allein für diese kostbare, ihrem Wesen nach beinahe lautlose Klangsensation hätte sich der Besuch von Frösts "Vinterfest" genanntem Kammermusikabend am Mittwoch im kleinen Saal der Laeiszhalle schon gelohnt. Doch der schwedische Musiker mit dem Popstar-Appeal ist Magier nur im Nebenberuf; hauptsächlich agiert er als Präzisionsmusikant erster Güte. Vom Hauch bis zur Sirenenschärfe braucht er nur den Bruchteil eines Atemzugs, wobei Atemzug in seinem Fall ein höchst relativer Begriff ist. Denn Fröst beherrscht die Zirkularatmung, dank derer er auch beim Einatmen auf der Klarinette weiterhin Töne produziert und sie so als Lieferantin quasi unendlicher Melodien ins Spiel bringt. Andere schnaufen dabei, er nicht. Schnelle Passagen bläst er mit manchmal fast unheimlichem Drive. So drohte Fröst in den ersten beiden der vier für Klarinette und Klavier bearbeiteten "Ungarischen Tänze" von Brahms dem Pianisten Shai Wosner bisweilen zu enteilen. Doch das musikalische Feuer brannte so prächtig, dass das nichts ausmachte. Die virtuosen Hexereien in Debussys Rhapsodie Nr. 1 und einer Klarinetten-Sonate von Francis Poulenc (1962) brachte Fröst nicht mit dem Gestus des Improvisators dar, aber doch als ein Material, das er sich vollkommen zu eigen gemacht hat.

Mit dem wunderbar aufeinander eingespielten Apollon Musagète Quartett, das den Abend mit einem der Wiener Schule reizvoll fernen, zweisätzigen Streichquartett von François-Joseph Gossec (1771) eröffnet hatte, spielte Fröst zum Finale Mozarts Klarinettenquintett. Die herzvoll musizierenden Virtuosen zeigten sich der nicht nur im berühmten Larghetto einfach himmlisch schönen Musik interpretatorisch aufs Glücklichste gewachsen.