Am Sonnabend starb der Regisseur Thomas Langhoff

Berlin. Als Thomas Langhoff 1991 die Leitung des Deutschen Theaters übernahm, begrüßte er das Berliner Haus mit einer nur scheinbar rätselhaften Botschaft: "Wir können nicht bleiben, wie wir waren, und können nicht anders werden, als wir sind." Das war, zwei Jahre nach dem Mauerfall, Thomas Langhoffs eigenes Leben - in einem Satz. Er war zaudernder Bewahrer und wusste doch, dass das nicht ging. Die Kräfte des ostdeutschen Theaters, dem er nur vorübergehend angehörte, bündelte er ein letztes Mal, bevor die Nachwelt über ihn herfiel und ihn demontierte; bevor dieses Deutsche Theater erstarrte in "absoluter Bunkermentalität", so Langhoff selbst. Er war wundersames Bindeglied zwischen ost- und westdeutscher Theatertradition. Und ein finaler Erbe Max Reinhardts.

Die Theaterarbeiten Thomas Langhoffs hatten erzählerischen Atem, langmütige Kraft und behaupteten eine Texttreue, die mit den Jahren nicht nachließ. Die Quelle, aus der dieser Zweifler und hadernde Gutmensch schöpfte, war sein Vaterkonflikt. Im Zürcher Exil des übermächtigen Wolfgang Langhoff wurde Sohn Thomas am 8. April 1938 geboren, er wuchs auf "mit Toblerone und Bircher Müsli". Nach der Heimkehr ins kaputte Berlin wurde der Vater 17 Jahre lang Intendant des Deutschen Theaters. Am Besuchertisch im Foyer machte Knabe Thomas seine Hausaufgaben, von Brecht bekam er die erste Jeans geschenkt. Doch lange bevor er selbst Erfolg am Theater haben sollte, reüssierte sein drei Jahre jüngerer Bruder Matthias Langhoff. Thomas litt "zutiefst" unter dem Erfolg des Jüngeren sowie am väterlichen Verdikt, er sei kein Regisseur, bevor er spät, erst im vierzigsten Lebensjahr, anfing, "richtig zu inszenieren".

Für spätere Rivalen hat er einiges getan. Er entdeckte Thomas Ostermeier, band Heiner Müller, Einar Schleef und Frank Castorf an sein Haus, die sich unter ihm zu Repräsentanten eines ästhetischen Wechsels mauserten.

Mit Thomas Langhoff starb der vielleicht letzte Epiker des deutschen Theaters. Am Abend seines Todes zeigt das Berliner Ensemble am Sonnabend seine Abschiedsinszenierung: Tschechows "Der Kirschgarten" - dort heißt es: "Mach's gut, mein altes Leben. Sei gegrüßt, mein neues Leben."