Hamburg. Handschuh, Lippenstift, Schlüssel oder Vierfarbenstift. Banale Dinge erhalten durch ihren Benutzer eine besondere Geschichte. Zumindest in der Erinnerung von Menschen, die der Person nahestanden, die sie gebrauchte und zurückließ. Katharina Schmitt befragt in "Jugendbildnis" diesen "Nachlass". Und bezweifelt, ob die Gegenstände etwas über die junge Frau aussagen, von der die Rede ist. Die Eltern, die beste Freundin oder ein Lehrer, der versuchte, sie zu fotografieren, entwerfen widersprüchliche Bilder der Abwesenden. Immerhin verleihen sie ihr beim Erinnerungsspiel eine rätselhaft bleibende Anwesenheit.

Benedikt Haubrich inszenierte dessen Uraufführung in der Thalia-Garage der Gaußstraße. Marie Löcker, Nadja Schönfeldt und André Szymanski sitzen im Kreis der Zuschauer. Sie übernehmen zunächst in sachlichem Tonfall die Führung durch die Ausstellung der Relikte, sprechen zuweilen diskret ihre Sitznachbarn an, schlüpfen dann bei Monologen in die Rollen der sich Erinnernden. Sie erzählen dabei jeweils mehr über sich und ihre distanzierte, faszinierte oder unterschwellig erotisch gefärbte Beziehung zur Abwesenden, die sich offenbar selbst aus dem Leben schaffte.

Durch Umstellung der Szenen und die intime Spielsituation in Christoph Rufers Raum gelingt es dem Regisseur, Schmitts beschreibendem "Theatertext in Gegenständen" Konzentration und den Anflug einer dramatischen Entwicklung ohne falsches Pathos zu gewinnen. Spielfantasie der Akteure und beiläufig gesetzte komödiantische Farbtupfer - etwa von Szymanski - verleihen den vage bleibenden Figuren skizzenhafte Kontur in dieser Stunde, die einmal mehr bewusst macht: Bilder und Erinnerungen haben mit den Erinnerten meist wenig zu tun.

Jugendbildnis 22., 28.2., sowie 6. u. 15.3., 20.00 Garage, Thalia in der Gaußstraße 190, Karten unter T. 32 81 44 44; www.thalia-theater.de