Die Einladung zur Werkschau der Besten ist eine Bestätigung der Arbeit von Intendant Joachim Lux - und ein Erfolg für Hamburg

Hamburg. "Neun Stunden, bist du bekloppt?!" Die entgeisterte Frage, warum man einen halben Tag vom Nachmittag bis nach Mitternacht im Thalia-Theater verbringt, um sich nacheinander Goethes "Faust I" und "Faust II" anzusehen, ist leicht zu beantworten: ja. Bekloppt. Theaterverrückt, um es genau zu sagen. Und man ist damit ja keineswegs allein: Die starke Doppel-Inszenierung des Hamburger Regisseurs Nicolas Stemann ist nicht nur am Alstertor ein Publikumsrenner, sie ist nun als eine von zehn "bemerkenswertesten Inszenierungen" der Saison zum Theatertreffen nach Berlin (4. bis 20. Mai) eingeladen worden. Überraschend ist das nicht, in der Theaterszene hat man mit einer Einladung der Koproduktion von Thalia-Theater und den Salzburger Festspielen gerechnet. "Aber wir freuen uns natürlich wirklich sehr", sagt Intendant Joachim Lux, der mit seinem Team am Freitagvormittag eine Flasche Sekt auf die gute Nachricht köpfte - zunächst noch ohne die Hauptbeteiligten, da Nicolas Stemann in Köln in Proben steckt, "Gretchen" Patrycia Ziolkowska eine Grippe plagt und Sebastian Rudolph (Faust/Mephisto) den "Kirschgarten" probt.

Die Einladung zur wichtigsten Werkschau des deutschsprachigen Theaters ist selbstverständlich eine Auszeichnung für den Regisseur, sein exzellentes Team - aber natürlich auch eine Bestätigung für die Arbeit von Thalia-Intendant Joachim Lux, dessen Ensemble bereits zum zweiten Mal während seiner Intendanz zum Theatertreffen fahren darf. Er äußert die Hoffnung, "dass uns das jetzt auch in der Stadt hilft, um die notwendigen finanziellen Rahmenbedingungen für die Zukunft des Thalia-Theaters zu erkämpfen".

Außer dem "Stück der Stücke" von Goethe ist auch die Produktion "Before Your Very Eyes" der Gruppe Gob Squad eingeladen, deren Arbeit eng mit Kampnagel verknüpft ist. Ebenfalls in Berlin gezeigt werden "Platonov" in der Regie von Alvis Hermanis (Burgtheater Wien), "Ein Volksfeind" in der Regie von Lukas Langhoff (Theater Bonn), "Hate Radio" (International Institute of Political Murder/Hebbel am Ufer) sowie zwei Produktionen der Münchner Kammerspiele: "Gesäubert /Gier/4.48 Psychose" von Sarah Kane und "Macbeth" in der Regie von Karin Henkel. Die Berliner Volksbühne ist beteiligt an "John Gabriel Borkman" in der Regie von Vegard Vinge, Ida Müller und Trond Reinholdtsen, Polleschs "Kill your Darlings! Streets of Berladelphia" und "Die (s)panische Fliege" (Regie: Herbert Fritsch).

"Faust I + II" wurde von der Kritikerjury als "lässig" und "denkbar unverkrampft" gelobt, eine "kluge wie unterhaltsame Dramendurchquerung". Sie wird in Berlin zweimal in der Marathonversion zu sehen sein. Wer die Aufführung in Hamburg erleben will, hat dazu übrigens reichlich Gelegenheit - der Vorverkauf für Einzel- und Marathonvorstellungen läuft schon jetzt bis zum Sommer. Für alle Theaterverrückten und solche, die es werden wollen.

"Der Faust-Marathon" steht wieder am 10. März, am 5. und 30. April, am 19. und 27. Mai und am 15. Juni auf dem Spielplan. Karten unter 32 81 44 44