Das Festival Sounds of Israel zeigt, wie vielschichtig die Musik des Landes ist

Hamburg. Eine Reggae-Band singt arabische Melodien in hebräischer Sprache und schichtet dabei jamaikanische Gitarrenriffs auf jemenitische Rhythmen. Mit Beispielen wie diesen beleuchtete Sarah Hankins die multiethnisch pulsierenden Klänge der Klubszene in Tel Aviv. Die Harvard-Forscherin gehörte zu den Referenten eines eintägigen Symposiums bei den Sounds of Israel, das die Elbphilharmonie Konzerte im Bucerius-Kunst-Forum präsentierten.

Die Beobachtungen der Wissenschaftler decken sich mit den Eindrücken der ersten Festivaltage: Israels Musikszene ist ein Gemisch aus ganz unterschiedlichen, sich überlappenden und mitunter auch widersprüchlichen Strömungen.

Wie vorsichtig man da mit Begriffen wie "authentisch" umgehen sollte, demonstrierte Professor Edwin Seroussi aus Jerusalem anhand des Lieds "Shelgiya", das als typisch israelisch gilt - aber eigentlich auf einem französischen, von marokkanischen Einwanderern importierten Chanson beruht.

Auch die zeitgenössische E-Musik-Szene ist von einer schwer überschaubaren Vielfalt geprägt. Davon zeugte ein Kammermusikabend in der Jüdischen Gemeinde, bei dem das Ensemble Meitar eine große stilistische Bandbreite abdeckte. Sie reichte von Betty Oliveros orientalisch gefärbter "Aria" mit ihren spinnenzarten Linien bis zum brahms-inspirierten Klaviertrio von Ari Ben-Shabetai. Der junge Komponist Matti Kovler vergleicht das kulturelle Klima Israels mit dem Wohnzimmer einer WG, in dem die Menschen ab und an für einen Austausch zusammenkommen, ohne jedoch ihre individuellen Räume aufzugeben.

Idan Raichel hat daraus eine bunte Weltmusik-Kommune geformt: Beim umjubelten Auftritt seines Idan Raichel Project in der Laeiszhalle waren unter anderem die zauberhafte äthiopische Sängerin Cabra Casay und das arabische Energiebündel Ravid Kahalani mit von der Partie. Die mehrsprachigen Stücke - ein paar erläuternde Moderationen wären durchaus hilfreich gewesen - pendeln zwischen sphärischen Songs und Ethno-Rock und verquirlen ganz unterschiedliche Einflüsse zu einem multikulturellen Mix. Dass dieses friedliche und respektvolle Miteinander auch eine politische Botschaft hat, steht außer Frage.