Thomas Fuchs kämpft um den Etat der Medienanstalt HSH. Mit der Digitalisierung sieht er neue Aufgaben auf die Medienwächter zukommen.

Norderstedt. Vielleicht war das ja der Moment, der die spätere Karriere des Thomas Fuchs überhaupt erst ermöglicht hat: An seinem 18. Geburtstag präsentiert ihm seine Mutter ein Parteieintrittsformular der SPD, das er doch bitte unterschreiben möge. Wegen der Mitgliedsbeiträge solle er sich keine Sorgen machen. Die werde sie schon übernehmen. Doch ihr Sohn lehnt ab. Er will weder jetzt noch später Mitglied einer Partei werden.

Aus heutiger Sicht war das eine kluge Entscheidung. Denn als 2007 die Landesmedienanstalten von Hamburg und Schleswig-Holstein zur Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH) zusammengelegt wurden, hätte er es als Sozialdemokrat wohl schwer gehabt, Direktor der neuen Behörde zu werden. Beide Bundesländer wurden damals von der CDU regiert. Und als Sozialdemokrat wäre Fuchs ja auch nicht irgendein SPD-Mann gewesen: Seine Mutter ist die ehemalige SPD-Bundesministerin Anke Fuchs, sein Vater der einstige Bremer SPD-Staatsrat Andreas Fuchs. Und sein Großvater, der Sozialdemokrat Paul Nevermann, war von 1961 bis 1965 Hamburger Bürgermeister. Mehr Stallgeruch geht nicht. Die Entscheidung gegen die Familientradition kann dem damals 18-Jährigen nicht leicht gefallen sein. Aber seine Unabhängigkeit ist ihm wichtig: "Journalisten und Beamte sollten nicht Mitglieder von Parteien sein."

Fuchs sitzt im Konferenzzimmer seiner Behörde in der Norderstedter Rathausallee und nimmt einen Schluck Kaffee. Er macht keinen Hehl daraus, dass er diesen Standort nicht unbedingt für ideal hält. Norderstedt war bei Gründung der MA HSH der klassische Kompromisskandidat. Einerseits liegt die Stadt am Rand von Hamburg, andererseits aber bereits auf schleswig-holsteinischem Boden. Nur eines ist sie nicht: ein profilierter Medienstandort.

Fuchs hat das gewusst, als er sich 2007 zum Direktor der neu gegründeten MA HSH wählen ließ. Er hat auch akzeptiert, dass die neue Anstalt abspecken musste. Von den 36 Mitarbeitern der Vorgängerbehörden sind 24 übrig geblieben. Der Medienrat hat vor einem Monat Fuchs bescheinigt, er habe den "schwierigen Fusionsprozess" zu einem "erfolgreichen Abschluss" gebracht und ihn für eine weitere Amtszeit wiedergewählt. Im Zuge dieses Fusionsprozesses soll er aber nun weitere 600.000 Euro einsparen. Er müsste weitere fünf Stellen abbauen. Das von ihm für die MA HSH entwickelte Themenfeld Medienkompetenz, das ebenfalls vom Medienrat gerühmt wurde, müsste man zusammenstreichen. Dagegen will er sich wehren. "Eine weitere Etatkürzung ist unter dem Gesichtspunkt der Staatsferne problematisch", sagt er und sieht nun richtig kämpferisch aus.

Fuchs, dessen Gesichtszüge eher weich sind, kann auch unbequem sein. Seiner bruchlosen Beamtenlaufbahn zum Trotz: Nach einem Jahr als Rechtsanwalt wurde er 1999 persönlicher Referent des damaligen Hamburger Wirtschaftssenators Thomas Mirow. 2001 wechselte er in die Wissenschaftsbehörde, deren Präsidialabteilung er unter Wissenschaftssenator Jörg Dräger leitete. 2004 ging er als Leiter der Abteilung Theater, Musik und Bibliotheken in die Kulturbehörde, der damals Senatorin Karin von Welck vorstand.

Doch seine derzeitige Aufgabe möchte er mit keiner anderen tauschen: "Die Umwälzungen in der Medienbranche mitzugestalten ist ein unheimlich spannendes Thema", sagt er. Fuchs weiß, dass die klassische Medienkontrolle allein, also die Überwachung der Programme der Privatsender, auf Dauer nicht die Existenzberechtigung von 14 Medienanstalten sichern kann. Eine Zentralisierung der Aufgaben kann er sich vorstellen. Die Landesmedienanstalten wären dann nur noch für ihre jeweiligen Regionalsender zuständig.

Mit der Digitalisierung sieht er zugleich neue Aufgaben auf die Medienwächter zukommen: "Wir erleben die Ablösung der Rundfunkpolitik durch die Netzpolitik", sagt er. Er kann sich vorstellen, dass Themen wie Daten- und Verbraucherschutz vor diesem Hintergrund für ihn und seine Kollegen immer wichtiger werden: "Die Bürger wollen beispielsweise wissen, was mit ihren Daten bei Facebook geschieht."

Wohl auch, weil er so konkrete Vorstellungen von der Zukunft seiner Zunft hat, ist Fuchs vor gut einem Jahr zum Vorsitzenden der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten, also zum ranghöchsten deutschen Medienkontrolleur, gewählt worden. Der 46-Jährige hat seine Berufung gefunden.