Hamburg. Das ist eine schöne Idee: die Welt zu bereisen und sich von Freunden Aufträge für Erlebnisse in der Fremde geben zu lassen. Johanna Castell war ein paar Wochen in Santiago de Chile. Vor ihrer Reise hat sie Freunde und Bekannte gebeten, ihr Tagesabläufe, Besuchsprogramme und Ziele zu nennen, die sie dort aufsuchen, ausführen oder einfach geschehen lassen soll. Ins Fleetstreet-Theater hat sie nun Objekte und Fotos mitgebracht, mit denen sie diese Ausflüge dokumentiert. Und in der erfrischend kurzweiligen, amüsanten knapp einstündigen Performance "Analog Avatar" stellt sie dem Publikum ihre Erlebnisse vor. Da wird gebastelt, gerechnet, gemalt und erzählt, aus Pappmaschee und Fotos, aus Luftschlangen, Kegeln, Fähnchen, Stadtplänen und Federn, aus Gesprächsfetzen wird das Erlebte nachempfunden und auf einer Unterlage befestigt. Doch die erzählt natürlich etwas ganz anderes als nur die Geschichte eines Tages.

Kann man stellvertretend reisen, fremde Wünsche erfüllen, Genüsse delegieren? Johanna Castell, die ihre Performance mit Benedikt Bernstorff, Johanna Gagern und Katharina Kellermann entwickelte, stellt sich und dem Publikum diese Fragen. Ein Tisch, darauf Stifte, Krepppapier und Bastelutensilien. Johanna Castell zieht aus einem Beutel eine Zahl, geht zur Wand, an der 28 verschiedene Aufforderungen für Ausflüge stehen, liest vor, was geschehen soll, erzählt, was wirklich geschah, und klebt daraus eine Collage. Was sie da treibt, wird von einem Overheadprojektor genau beobachtet und dem Publikum vergrößert vorgeführt. Und während sie von ihren Besuchen bei einer Unbekannten, beim Friseur oder von den U-Bahnfahrten berichtet, bekommen die Zuschauer einen lebendigen Reisebericht, der viel authentischer ist als alles, was im "Lonely Planet" steht.

Wiederaufnahme am 22.2., 20.00, Fleetstreet Theater, Admiralitätstraße 71