Der lettische Dirigent gastiert beim NDR Sinfonieorchester mit lauter Raritäten

Hamburg. Das Programm, mit dem der junge lettische Weltstar Andris Nelsons gerade beim NDR Sinfonieorchester zu Gast ist, könnte man geradezu "Heiteres Komponistenraten" titulieren. Dvoráks Sinfonische Dichtung "Heldenlied", sein letztes Orchesterwerk und zugleich das letzte von fünf Werken dieser Gattung, hat erheblich weniger Programmcharakter und volksmusikalisches Kolorit als die übrigen vier. Nelsons enthielt dem Publikum denn auch gerade das vor, was landläufig als Dvorák-typisch gilt. Stattdessen entwickelte er die Musik mit einem erzählenden Gestus und entlockte dem Orchester ganz unerwartete Farben wie milchstraßenartig entrückte Streicherkantilenen oder einen fast schwarzen, tubagrundierten, runden Blechbläserklang.

Der junge Richard Strauss hat das Versteckspiel in seiner sinfonischen Fantasie "Aus Italien" noch weiter getrieben. Da klang es polyfon norddeutsch oder rheingolden nach Wagner; erst im dritten Satz "Am Strande von Sorrent" ahnte man die Strauss'schen Harmoniebewegungen.

Leider hakte es an manch vertrackter Stelle dieser entlegenen Werke. Mal klapperten die Streicher, mal stimmte die Intonation in den Holzbläsern nicht - und die letzte Hüftsteife vermochte auch Nelsons nicht zu vertreiben.

Das Herzstück des Abends war "Bridge" mit dem Trompeter Håkan Hardenberger, für den Rolf Martinsson das Stück 1998 komponiert hat. Erregte Dialoge zwischen Orchester und Solist wechselten mit Stellen, in denen Hardenberger für sich zu spielen schien. Selten hat man einen sublimeren Trompetenton gehört. Und auch hier gaben sich die Anspielungen auf Gershwin, Blues oder auch Bartók die Hand. Futter für aufmerksame Ohren.

Das Konzert wird Sonntagmorgen wiederholt.