Das ZDF zeigt mit “Mord in Ludwigslust“ einen anspruchsvollen Krimi über das Leben und (unfreiwillige) Sterben in der Kleinstadt.

Hamburg. Schloss, Garten, ICE-Stopp: Das sind die Attraktionen von Ludwigslust. Die Stadt in Mecklenburg-Vorpommern hat gerade einmal 12 000 Einwohner. Im ZDF-Krimi "Mord in Ludwigslust" wird eine von ihnen ermordet am Schlossgarten entdeckt.

Bei der Toten handelt es sich um Lulu Schuster, die gelangweilte Ehefrau des wichtigsten Bauunternehmers in der Region. Zur gleichen Zeit bastelt die Analytikerin Sophia Eichstätt (Anja Kling) vom LKA Kiel an einem Computerprogramm, das bei der Erkennung von Mordserien helfen soll. Als sie von den Ereignissen in Ludwigslust erfährt, glaubt sie, auf eine solche Serie gestoßen zu sein und fährt in die Kleinstadt. Dort trifft sie auf Mark Kondor (Mark Waschke), Beamter des LKA Schwerin. Er ist kein Fremder, die beiden hatten vor Jahren eine Liaison, die die Polizistin fast ihre Ehe gekostet hätte.

Kondor ist wenig begeistert, den Fall übernehmen zu müssen, denn er hatte eine Affäre mit Lulu Schuster und war der Letzte, der sie am Abend vor dem Mord lebend gesehen hat. Trotz der persönlichen Verstrickungen ermitteln Eichstätt und er gemeinsam. Sehr weit kommen sie aber nicht: Zwar kennt jeder die Tote, nur über sie sprechen will keiner. Immer mehr Bewohner kommen infrage, ein Motiv für die Tat zu haben. Eichstätt gerät immer tiefer in den bizarren Fall, für dessen Aufklärung sie eigentlich nicht zuständig ist.

Die Geschichte klingt erst einmal stark nach Landschaftskrimi. Das stimmt aber nur zur Hälfte: Räumlich spielt die Geschichte im Provinzmief, sie beleuchtet das Beziehungsgeflecht von Politik und Unternehmern in einem Ort, wo jeder seinen Stempel aufgedrückt bekommt. "Mord in Ludwigslust" ist aber eine komplexere Geschichte, die immer größere Dimensionen annimmt. Zum Schluss erstreckt sich die Handlung über die halbe Welt bis nach Russland und über ein Vierteljahrhundert bis zur Zeit der Wiedervereinigung. Und ein bisschen Kritik am Beamtenwesen und der Bürokratie übt der Film von Regisseur Kai Wessel auch noch. Schließlich spielt Anja Kling die Rolle der Umdenkerin, die mit ihrem Computerprogramm allein vor sich hinwerkelnde Polizeibeamte auf Länderebene dazu bewegen will, bundesweit zusammenzuarbeiten.

Viel Stoff auf engem Raum. Das wirkt streckenweise etwas überladen, bringt aber auch eine Menge an Spannung und Tempo in den Film. "Mord in Ludwigslust" ist ein Krimi, der Aufmerksamkeit erfordert. Mal kurz eine Tüte Gummibärchen holen ist nicht drin, denn wer bei der Handlung einmal draußen ist, kommt kaum wieder rein.

Die Ereignisse sind zügig aneinandergereiht. Das einzig Harmonische an diesem Krimi ist das Zusammenspiel der Schauspieler: Anja Kling liefert mit ihrer Darstellung einer verbissen ehrgeizigen Beamtin, die sich jeglichen Spaß verbietet, eine glaubwürdige Leistung ab. Genauso wie Mark Waschke, dessen Figur ihrem Leben ebenfalls nicht viel Positives abgewinnen kann. Kondor wird von der Vergangenheit gefangen gehalten, in seinem Körper brodelt sie vor sich hin und wartet darauf überzukochen. Aber in dieser Kleinstadt wird in geschlossenen Räumen gekocht, die Abgründe bleiben nach außen unsichtbar. Das macht die besondere Tonart dieses Fernsehfilms aus, Opfer und Täter leben nebeneinander, bis sie nicht mehr auseinanderzuhalten sind.

"Mord in Ludwigslust" ist anspruchsvoll, packend und macht zum Leidwesen des hübschen Ortes herzlich wenig Lust darauf, einmal am ICE-Halt auszusteigen.

"Mord in Ludwigslust" heute, 20.15, ZDF