Der New Yorker Mark Greif ist eine der zentralen Figuren der weltweiten “Occupy“-Bewegung, am Sonntag liest er im Golem

Hamburg. Der Mann der Stunde in den Feuilletons, den Blogs und den kulturwissenschaftlichen Seminaren heißt Mark Greif. Das liegt daran, dass der Suhrkamp-Verlag jetzt vier Bücher von Greif gleichzeitig veröffentlicht: "Bluescreen", "Occupy!", "Hipster" und "Rappen lernen".

"Occupy! Die ersten Wochen in New York. Eine Dokumentation" erscheint in der gerade gelaunchten Edition Suhrkamp Digital, die, der Name sagt es, in etwa so schnell sein soll wie das Internet. Oder sagen wir: zumindest schneller, als der Buchdruck sonst zu sein pflegt. Der schmale Band ähnelt in seinem Erscheinungsbild den zuletzt sehr erfolgreichen Titeln wie "Empört Euch!", mit dem der Aufbau-Verlag einen Topseller landete.

Wenn zu dem Interesse eines Verlags, auf die öffentlich verhandelten Themen schneller zu reagieren, ein Autor wie Mark Greif kommt, dann kann eigentlich nichts schiefgehen. Greif ist Eingeweihten spätestens seit dem vergangenen Jahr ein Begriff, als sein "Hipster"-Buch auf Englisch erschien. Es ist ein fulminanter Abgesang auf die Spezies des Geschmacks-Strebers und nimmt ihn schon gar nicht mehr richtig ernst.

Seitdem gilt der Gründer der, nun ja, ziemlich hippen New Yorker Zeitschrift "n 1" als bester Erklärer des Hipster-Phänomens, das in so ziemlich allen Großstädten dies- und jenseits des Atlantiks anzutreffen ist. Der Hipster ist eine Sozialfigur der Gegenwart, die in den jüngeren Kreisen hohen Wiedererkennungswert hat: Er hängt in Szenebars ab, die früher mal alternativ waren, ist modisch gekleidet (gerne Röhrenjeans und Ted-Herold-Frisur), hört Independent-Pop, ist gebildet und versucht leidlich erfolgreich, den anderen immer einen Schritt voraus zu sein in dem, was man gut zu finden hat. Vielleicht ist er wegen dieser Strebereigenschaft zuletzt weltweit zur Hassfigur geworden. Oder weil der Hipster selten finanzschwach ist und gleichzeitig mit der vielerorts gescholtenen Gentrifizierung auftritt: In Berlin (und sicher bald auch in Hamburg) sind an den Wänden der In-Quartiere bereits Anti-Hipster-Parolen zu lesen.

Was natürlich auch etwas komisch ist: Ist das Selbsthass? Welche Subkultur hat sich ihre Unschuld schon bewahrt? Warum soll jetzt plötzlich schlimm sein, was früher mal opportun war? Schließlich sind die Kreuzberger und Schanzenbewohner von heute auch mal irgendwann in ihren Stadtteil gezogen - und haben dort Menschen verdrängt. Wer über den Hipster redet, der redet immer auch über die Stadt, in der wir leben wollen. Oder gar über die Beschaffenheit der Welt, die wir uns wünschen. Wo wir bei Occupy Wall Street wären. Der New Yorker Mark Greif war eine der zentralen Figuren, als es im vergangenen Jahr im Zuccotti Park losging mit der neuen, großen sozialen Bewegung, auf die sich derzeit alle einigen können. Im Suhrkamp-Band feiert er die Geburtsstunde von Occupy.

Zurzeit ist der Kulturkritiker Greif auf Lesetournee durch Deutschlands hippste Städte. In Hamburg will er hauptsächlich aus seinem Occupy-Buch lesen. Zur Teilnahme an den grenzüberschreitenden Protesten, auf deren Fortsetzung der 1975 geborene Greif in diesem Frühjahr hofft, sind natürlich auch Hipster eingeladen.

Mark Greif liest am 5.2. um 20 Uhr im Golem, Große Elbstraße 14. Anschließend Diskussion, Eintritt frei