In der Sat.1-Sketchshow “Knallerfrauen“ ist Comedy-Star Martina Hill mal ganz sie selbst

Man braucht schon einen Hang zu derbem Humor, um über Witze mit Frauen zu lachen, die auf Partys ihren Slip suchen. Mit Frauen, die öffentlich furzen, im Supermarkt Melonen kugelstoßen oder brüllend durch den Park laufen. Die Salate als Pompons benutzen, Wurst als Schlagstock und Babys als Feudel. Witze mit Frauen also, die laut sind, unflätig und taktlos, oft alles in einem. Man muss folglich eher grob gestrickt sein, um "Knallerfrauen" lustig zu finden, die neue Sketch-Comedy bei Sat.1 (ab Freitag, 3. Februar).

Vielleicht reicht es aber, wenn man eine lustig findet, die lustig zu finden leicht fällt: Martina Hill. Seit gerade mal fünf Jahren ist sie im ulkigen Fernsehfach daheim und bereits eine der wenigen Leuchten. Andererseits sind fünf Jahre in dem Metier eine Menge, um ohne Soloshow tätig zu sein. So gesehen folgt es dem Gesetz des Marktes, dass Deutschlands schönste gute Komödiantin mit 37 Jahren endlich allein zeigen darf, was sie kann.

Im Grunde ist "Knallerfrauen", das im November erfolgreich zur Probe lief, zwar ein Spaßformat wie andere auch: mit vielen Zoten und wenig Sinn. Mit Klischees, Schenkelklopfern und reichlich Fremdscham wie im Durchlauferhitzer Comedy üblich, der selbst die "Scheibenwischer"-Bühne für pappeflache Possenreißer freigibt und Kurt Krömers einzige Pointenressource (Berliner Schnauze) mit öffentlich-rechtlichen Sendeplätzen adelt. Es wäre also auch in dieser halben Stunde ab 22.15 Uhr kaum mehr als nichts zu erwarten, stünde da nicht diese, pardon, Knallerfrau im Zentrum. Und nur sie.

Seit 2007 verkörpert Martina Hill in der Pro7-Parodie "Switch Reloaded" diverse Figuren der TV-Realität und ist dabei oft echter als die Originale. Heidi Klum und Anja Kohl, Bill Kaulitz und Ina Müller, Katja Burkard, Sonya Kraus oder in der "heute-show" Bettina Schausten - nach wenigen Jahren im Geschäft schien die gelernte Radiosprecherin ihre Berufung beim Kopieren anderer gefunden zu haben. Das tat auch not. Denn als Teil dämlicher Serien wie "Cobra 11", schlechter Filme ("Schwer verknallt") oder dem peinlichen Piloten "C.I.S.", dessen Witz zwischen Mario Barth und Buster Keaton verendet, schien ihre Karriere abseits von "Switch" festzustecken.

Die spät berufene Schauspielerin, der erst mit Ende zwanzig erste Rollen zuteil wurden, ist ein Privatfernsehbild von einem Weib: groß, blond, schlank, sexy und stets bereit zum Minirock. Ergo: die Essenz dessen, was der Mainstream unter Attraktivität verbucht. Gerade das macht "Knallerfrauen" relevant, obwohl es so mit Stereotypen spielt.

Denn auch die Hill weiß um Attribute, die sie in 106 Charakteren, verteilt auf 220 fertige Sketche, so oft zur Schau stellt, wie es die Branche erfordert. Hinter all der nackten Haut zeigt sich aber ein Übermut, der jede Eitelkeit im Mimikchaos erstickt. Komik, erklärt sie und klingt dabei mal unsicher, mal selbstbewusst, wie ganz normale Frauen, "entsteht über den Faktor Überraschung". Und das komme bei attraktiven Leuten mit Mut zur Hässlichkeit sogar mehr zur Geltung. Der Zuschauer, glaubt sie, schaue durchs Äußere hindurch, "wenn ein Komödiant den Bezug zu seinem inneren Kind herstellt". Martina Hill kann das. Vielleicht kann sie es auch, weil Otto ihr "Kindheitskomiker" war, Didi Hallervorden ein früher Held wurde und Anke Engelke eine spätere Heldin. Weil sie derben Slapstick politischer Satire vorzieht. Weil sie nicht über alles Witze machen muss, aber über alles lachen dürfen will. Weil sie ihre körperlichen Grenzen ebenso sucht, findet, aber nicht übertritt wie die des Geschmacks. "Schockieren war nie mein Ansatz. Ich will unterhalten." Mehr nicht. Bei "Knallerfrauen" gelingt das schon mal ganz gut. Luft nach oben bleibt trotzdem.

"Knallerfrauen" Freitag 22.15 Uhr, Sat.1