Richard Wagners Oper hatte unter der musikalischen Leitung von Georg Fritzsch Premiere in Kiel - mit Tenor Sung-Kyu Park in der Titelrolle.

Kiel. Es gibt nach dem verführerisch-ätherischen Vorspiel zum ersten Aufzug zwei, na, sagen wir drei Passagen im "Lohengrin", bei denen muss einem im sicheren Dunkel eines Opernhauses vor Wagner-Wonne der Atem stocken, sonst kann man auch zu Hause bei seiner Plattensammlung bleiben und sich dort satt und selig hören. Beim Brautchor "Treulich geführt" vor Rührung, beim Aufzug der Heere im 3. Akt und natürlich bei der Gralserzählung des Schwanenritters, der seine Identität preisgibt und damit die erhoffte Idylle mit Elsa von Brabant zerbrechen lässt. In der Kieler Oper kommt man in dieser Hinsicht auf ein sehr ordentliches Ergebnis, denn bis auf die arg drucklos schwächelnden Blechbläser im Off hat das Haus bei der Premiere, die an diesem Wochenende gefeiert wurde, in zwei dieser drei Oha-Momente einen beachtlichen Eindruck hinterlassen.

Der Kieler Opernchor lief, wenn er sollte - und er sollte berüchtigt oft -, in diesem finster-romantischen Märchenstück über einen idealen Helden und seine vielen ideologischen Zweifler zu großer Form auf. Wegen des über zu weite Strecken zu unverbindlichen Dirigats von Generalmusikdirektor Georg Fritzsch war allerdings über dem Philharmoniker-Orchestergraben noch reichlich Luft nach oben. Das Kammermusikalische war oft zu undifferenziert und zu wenig raffiniert, den auf Überwältigung angelegten Partiturabschnitten fehlte immer wieder die entscheidende Prise Taktstock-Magie, um über solide Pflichterfüllung am Meisterwerk hinauszukommen.

Doch es gab ja auch noch Sung-Kyu Park in der Titelrolle, einen unverbrauchten, physisch eher kompakten Tenor mit einer satten Portion italienischen Herzensbrecherschmelzes in der Stimme, dessen Strahlkraft sofort in den Bann zog. Er war der Fixstern, um den das Ensemble seine Kreise zog, mal mehr, mal weniger hochtourig. Katrin Adels Elsa gewann im Lauf des Abends an dramatischer Zuversicht und Intensität, Alexandra Petersamers Ortrud dagegen kippte mit zunehmender Belastung immer mehr vom Überzeugenden ins Überzogene. Und Jörg Sabrowski kam im zweiten Aufzug in der Partie ihres Gatten Telramund in die Nähe von gleich zwei Grenzen: die stimmliche und die darstellerische. Denn Regisseur Georg Köhl hatte ihn offensichtlich dazu verdonnert, vor allem zähnefletschend und wütend als Parodie eines machthungrigen Demagogen durch die von Norbert Ziermann dahingeworfene Kulisse - eine Mischung aus politischem Forum und Nachkriegstrümmerhaufen - zu marschieren. Nur Goebbels' Hinken durfte er sich gerade noch verkneifen. Konzeptionelle Entschädigung dafür lieferte die nicht uninteressante, aber auch wirklich nicht neue Grundidee der Regie: Sie zeigte eine demokratische Gesellschaft, die sich zum bitteren Ende ganz leicht durch einen einzelnen Heilsbringer vom richtigen Weg abbringen ließ. Bei seinem Erscheinen entschied Lohengrin das Gottesgericht ganz ohne Waffeneinsatz als verbales Duell mit den besseren Argumenten. Nachdem die Situation mit Elsas Namens-Neugier eskaliert, wird aus dem Chor, dessen Garderobe - ein historisch asynchroner Wink mit dem Fahnenmast - die Farben Schwarz, Rot und Gold präsentiert hatte, eine uniformierte Verfügungsmasse. Dann kommt auch Elsas tot geglaubter Bruder Gottfried, der zuvor mit blutender Kopfwunde durchs Geschehen spukte, das nächste Idol in strahlendem Weiß. Lohengrins finaler Abgang ist ganz anders als im Original vorgeschrieben. Aber als Alternative auch nicht schlecht.

Weitere Termine : 12.2.; 4., 24.3.; 6., 29.4.; 19., 27.5.; 9.6. Karten unter Tel. 0431 / 901 901. www.theater-kiel.de