Den Mädels gefiel Tim Bendzko in der Fabrik. Obwohl schon mal mehr Rock 'n' Roll war als heute

Hamburg. "Sind auch Männer im Publikum? Ja? Zwei. Nein, 20. Und sind auch Männer ohne Frauenbegleitung da?" Tim Bendzko ist locker aufgelegt an diesem Winterabend, und gleich zu Beginn kokettiert er mit dem, was bereits eine Art Markenzeichen geworden ist in den paar Monaten seiner Karriere. Die Girls stehen auf ihn, rund 90 Prozent der rund 1200 Konzertgäste in der seit Wochen ausverkauften Fabrik sind weiblich, vorsichtig geschätzt. Die meisten in den frühen Zwanzigern ihres Lebens, für sie singt Tim Bendzko gerade den Soundtrack ihres Lebens, meist etwas melancholisch, dabei leicht und verspielt, mit expressiven Texten, die oft um Liebe und Beziehungskisten, Sinnsuche und Weltrettung kreisen. Vieles an ihm, auch die Stimme, erinnert an den jungen Xavier Naidoo: Der hatte auch viel Verständnis, etwas Tiefgang und dabei noch meist gute Laune. Ein lebensechter Prince Charming, der perfekte Schwiegersohn des Pop für die bisher eher braven 10er-Jahre.

Seit er 2011 mit "Nur noch kurz die Welt retten" und "Wenn Worte meine Sprache wären" zum deutschen Songwriter-Überraschungserfolg des Jahres avancierte, ist Tim Bendzko in aller Munde, die Singles haben Ohrwurm-Potenzial, Umweltschützer schmücken sich mit seinen Versen, gestandene Frauen finden, er sei eine Art Matthias Schweighöfer des Pop.

In der Fabrik gibt der 26-Jährige samt vierköpfiger Band eine gelungene Kostprobe, ein Repertoire seiner recht vielseitigen, recht anheimelnden, recht kantenfreien Musik. Das wollen die Girls so, und sie bekommen es auch. Nichts dagegen zu sagen, außer vielleicht: Es war schon mal mehr Rock 'n' Roll als heute. Tim singt, Tim scharwenzelt darüber hinweg, er wirkt sehr mit sich im Reinen, die Mädchen merken das, sie sind hin und weg. Und als er dann gegen Ende noch "Hamburg, meine Perle" anstimmt, ist es um die letzten Skeptiker geschehen.