God's Entertainment lädt mit “Transeuropa Bollywood“ zu einer Reise, bei der kein Gast stillsteht

Hamburg. "Reality" steht in dicken Lettern auf dem T-Shirt von Boris Ceko, über dem er ein schwarz-rosa Sportblouson trägt. Dass es jedoch nicht nur die eine Realität gibt, hat der Künstler mit seiner Wiener Performance-Gruppe God's Entertainment bereits mehrfach unter Beweis gestellt. Zuletzt hat das Kollektiv für sein Projekt "Hamburg international" berühmte Sehenswürdigkeiten nachgebaut und überall in Hamburg aufgestellt - ein Stück der Berliner Mauer zum Beispiel stand im Gängeviertel. Als Hamburger konnte man plötzlich als Tourist die eigene Stadt neu zu erkunden.

Ab heute laden die Österreicher auf Kampnagel dazu ein, die globale Mobilität unserer Tage sinnlich zu erfahren und zu hinterfragen. Oder, wie Ceko es formuliert: "Das wird eine schräge Reise." Mit dem Programm "Transeuropa Bollywood" verhandeln acht der Theaterperformer an drei Abenden das wechselhafte Verhältnis zwischen Indien und dem Westen. Und dass God's Entertainment das Thema keineswegs rein intellektuell aufbereitet, davon künden bereits die Aufbauarbeiten in der Kulturfabrik. Dicke schwarze Stoffbahnen unterteilen die Kampnagel-Halle in kleinere Segmente. In einer Ecke stapeln sich zahlreiche 25-Kilo-Säcke Zucker. Von einem Podest aus grüßen gold-glitzernde Statuen hinduistischer Götter wie etwa Ganesha mit seinem Elefantenkopf. Ein Basarstand bietet indische Stoffe feil. Wie sich all diese unterschiedlichen Komponenten gemeinsam mit weiteren Utensilien zu einem theatralen Abenteuer zusammenfügen, möchte die Gruppe bewusst im Ungewissen lassen.

"Von Station zu Station bringen wir die Gäste in die Stimmung, immer neue Räume entdecken zu wollen", erläutert Ceko. Und die Interaktion, auch der Spaß ereignen sich umso impulsiver, je weniger der Kopf das potenzielle Geschehen zuvor durchspielen kann.

80 Gäste können an einer Tour teilnehmen. Und teilnehmen ist wörtlich gemeint. Denn bei God's Entertainment verwischen die Grenzen zwischen Darstellern und Zuschauern rasch. "Wir haben extra ein neues Genre geschaffen, eine Mischung aus Performance und Musical, das Performical", sagt Ceko. Basis des turbulenten Treibens ist eine jener Liebesgeschichten, wie sie in Indiens Traumfabrik Bollywood fließbandartig produziert werden. Ein junger Inder kommt nach Europa, um den Wohlstand in all seinen Klischees zu genießen, möchte aber bald desillusioniert in seine Heimat zurück.

Das Publikum begleitet den Glückssucher, allerdings aus unterschiedlichen Perspektiven. Die Besucher werden nicht nur zum Identitätswechsel animiert, sondern auch zu einer jener im Hindi-Kino üblichen Massenchoreografien. Das Mitreißende des Tanzes nutzt God's Entertainment zum einen zu dem, was im Namen der Gruppe steckt: Unterhaltung. Zum anderen wird die Kulissenhaftigkeit der Filmwelt und letztlich unser oberflächlicher Blick im Laufe der Handlung und des Handelns immer wieder gebrochen. Und wenn die Performance zum Finale ganz real die Spielstätte verlässt, haben sich bestenfalls bei den Gästen bereits innere Grenzen verschoben.

Transeuropa Bollywood Do 26.1.-Sa 28.1., 20.00, Kampnagel (Bus 172, 173), Jarrestr. 20; 8-12 Euro