Im Drama “Once Upon A Time In Anatolia“ geht es um Schuld und Gerechtigkeit, Wissenschaft und Tod und die Suche nach einer Leiche.

Zwölf Männer, auf drei Fahrzeuge verteilt, fahren nachts durch eine menschenleere Gegend der Osttürkei. Sie sind auf der Suche nach einer Leiche. Der mutmaßliche Mörder kann sich aber nicht so recht an den Ort erinnern, wo der Tote verscharrt wurde. Die Männer steigen aus, suchen, graben - vergeblich. Schließlich machen sie Rast in einem nahegelegenen Dorf. Am nächsten Morgen geht die Reise weiter. Dann finden sie den Toten. Seine Hände sind auf dem Rücken gefesselt.

Es geschieht nicht viel in "Once Upon A Time In Anatolia" - auf den ersten Blick. Der Filmtitel suggeriert Märchenhaftigkeit und eine Nähe zu den Italowestern von Sergio Leone, aber das täuscht. Die seltsame Fahrgemeinschaft kommt sich bei dieser Mission durch Gespräche näher. Der Arzt Cemal (Muhammet Uzuner) denkt über den Sinn des Lebens nach. Kommissar Naci (Yilmaz Erdogan) ist jähzornig und hat vor allem schlechte Laune. Staatsanwalt Nusret (Taner Birel) fühlt sich geschmeichelt, weil man ihn mit Clark Gable vergleicht.

Auf diese Gespräche, die wie beiläufig wirken, muss man sich besonders aufmerksam einlassen, sie enthüllen Geschichten hinter der Geschichte. So erwähnt der Staatsanwalt eine Frau, die ihren Todestag genau vorhersagte. Sie soll an einem Herzinfarkt gestorben, aber nicht obduziert worden sein. Diese Todesursache könne auch durch eine Überdosis eines bestimmten Medikaments auslöst werden. Dieses Medikament hatte der Schwiegervater des Staatsanwalts eingenommen. War der Tod der Frau also Selbstmord und die tote Frau seine eigene?

Die Suche nach der Leiche ist im Grunde völlig nebensächlich. Vielmehr geht es in Nuri Bilge Ceylans Drama darum, wie Menschen mit Schuld, Glauben, Wissenschaft, Tod und Gerechtigkeit umgehen. Die fast völlig entschleunigte Erzählweise des türkischen Regisseurs wirkt ebenso faszinierend wie narkotisierend und steht für die Bedeutsamkeit des Beiläufigen. Nicht immer ist das, worum es geht, auch im Bild. Eine Obduktion kann auch akustisch ein beeindruckendes Erlebnis sein. Ceylan, der oft mit Antonioni verglichen wird, varriiert hier effektiv die Themen, die er schon in "Drei Affen" aufgegriffen hat.

Bewertung: empfehlenswert

Once Upon A Time In Anatolia Türkei/Bosnien-Herzeg. 2011, 157 Min., ab 12 J., R: N. Bilge Ceylan, D: M. Uzuner; täglich im Passage; www.kinostar.com