Der Obstbaum an sich ist ja etwas sehr Banales. Viele besitzen einen oder kennen zumindest jemanden, der einen hat. Und jeder ist auf die ein oder andere Art schon einmal mit einem Obstbaum in Berührung gekommen. Ein Obstbaum ist also in etwa so besonders wie ein Haustier. Meist steht er bei Wind und Wetter im Garten und blickt traurig durch die Fenster ins Haus der Familie, die ihn besitzt und kaum eines Blickes würdigt. Erst im Sommer, wenn er sich Früchte aus dem Geäst presst, kommt man und entreißt ihm die Pracht. Oft bleibt sie auch hängen und fällt irgendwann matschig zu Boden, wo Fliegen dann darin nisten und es so zu riechen beginnt, wie der Baum sich fühlt: vergoren und schimmelig.

Der Obstbaum ist das Tier der Jetztzeit, hat der Veganforscher Peter Hutzlpitz gesagt, mit dem Unterschied, dass sich für den Obstbaum niemand einsetzt. Gefesselt steht er in den Gärten und leidet. Erst neuerdings kommt Bewegung in die Angelegenheit. Mit Betonung auf Bewegung. Das Fruit Tree Movement setzt sich für eine bessere Existenz der Obstbäume ein und hat es sich zur Aufgabe gemacht, sie dem Boden zu entreißen und aus Gärten zu befreien, mitzunehmen in ein besseres Leben.

Bungalows habe man angemietet, so hieß es in einem Bekennerschreiben, in denen die Obstbäume in Räumen mit Fruchtpostern und Etagenbetten leben, Gespräche mit Gleichgesinnten führen und ihr Obst selbst essen oder es verschenken oder sich zu einem Obstsalat vereinigen.

Es scheint ein Ruck durch die Bevölkerung zu gehen, und man beachtet mit einem Mal diese traurigen Geschöpfe, die dort im Garten stehen und sich von Vogel und Hund besudeln lassen müssen. Stichwort: Obstbaumveredelung. Man näht Rollkragenpullover für Obstbäume, bemalt sie, es gibt Obstbaumschmuck und manch einer baut ganze Häuser für sie. Am 21. Januar erfahren Sie im Botanischen Sondergarten, was Sie Ihrem Obstbaum noch alles Gutes tun können.