Der Netz-Navigator führt heute zu einer Kleinstadtjugend mit popkulturellem Mehrwert

World Wide Web. Aus der typisch arroganten Großstädter-Perspektive gesehen ist Tobi Dahmen nicht zu beneiden. Denn er ist zwar in einer Hansestadt aufgewachsen, aber in der falschen. Nämlich in Wesel, einem beschaulichen Ort am Rhein mit übersichtlichen 60 000 Einwohnern. Von dort stammen zugegebenermaßen Konrad Duden, der Streiter für die einheitliche deutsche Rechtschreibung, und Peter Minuit, der vermeintliche Gründer von New York; sonst aber gibt es wenig Spannendes zu berichten aus Wesel.

Oder vielleicht doch? Dahmen verfolgt seit bald fünf Jahren ein Projekt, das um den Ort kreist, in dem er seine Jugend verbracht hat. Und macht die Stadt, deren Bürgermeister wohl bis in alle Ewigkeit beteuern muss, dass er nicht Esel heißt, um eine gezeichnete Attraktion reicher.

Denn Dahmens autobiografischer Comic "Fahrradmod" bildet nicht nur den jugendlichen Wunsch, anders zu sein, treffsicher ab. In seinen klaren, aber dennoch detailfreudigen Zeichnungen bringt er seinen Lesern auch die Kultur der Mods, der Modernists nahe. Die zweite Welle dieser Jugendbewegung, die sich durch maßgeschneiderte Kleidung, durch Motorroller und natürlich durch Musik von anderen abhob, schwappte in den späten 70er-Jahren von England bis nach Wesel, wo sie in den 80er-Jahren pünktlich zu dem Zeitpunkt eintraf, als der juvenile Dahmen auf der Suche nach einer Identifikationsmöglichkeit abseits des Mainstreams war.

Die Musik von The Who, The Fuzztones und vielen anderen, die Mode, die Attitüde faszinieren ihn, der Leser verfolgt die schrittweise Metamorphose Dahmens zum Mod. Genauer gesagt: zum Fahrradmod. Denn, so erfährt man auf einer der Seiten des noch nicht abgeschlossenen Projekts, für einen Motorroller reichte das Geld nicht.

Mods in der Kleinstadt: www.fahrradmod.de