Hamburg. Raus aus dem Elfenbeinturm Ballettzentrum, rein in die Stadt. Das ist die Devise des im vergangenen September gegründeten Bundesjugendballetts unter den Fittichen von John Neumeier. Künstlerisch unabhängig vom Hamburg Ballett, doch im Ballettzentrum beheimatet, lernen acht internationale Tänzer zwischen 18 und 23 Jahren, was es heißt, "Künstler zu sein", wie Neumeier in seiner Ansprache im Ernst-Deutsch-Theater sagte.

Hier zeigten die Tänzer nach Gastauftritten in hanseatischen Einrichtungen ihr erstes abendfüllendes Programm. Wenn sich eines schon jetzt sagen lässt, dann ist es das: Sie sind bereits erstaunlich gut zusammengewachsen, tanzen mit ebenso großer Ernsthaftigkeit wie mit unbändigem Spaß und sind auf gutem Wege, eigenständiges künstlerisches Profil zu erlangen. Der Titel des Abends, "Im Aufschwung", passt.

Da auch im Bundesjugendballett, das eher dem zeitgenössischen Tanz verpflichtet ist, die klassische Basis als unverzichtbar gilt, wurde als Einstimmung August Bournonvilles schwieriger Pas de Six aus "Napoli" mit feinem Schwung getanzt. Aus dem Korsett des klassischen Kanons erst einmal befreit, zeigten die Youngster, was an Kraft und Kreativität in ihnen steckt.

"Pogromnacht/Requiem" heißt die Gemeinschaftsarbeit, die sich - stilistisch noch in Vorbildern gefangen - inhaltlich und formal ernsthaft mit der Reichspogromnacht auseinandersetzt. In "Dance to the Rhythm of Life" unter Anleitung von Stacey Denham dagegen stellen sich die mutigen acht in persönlichen Charakterbildern vor. Am gewichtigsten aber ist "Dressed Up in Tissue Paper" von Natalia Horecna, Tänzerin und Choreografin beim Nederlands Dans Theater, weil das Stück vorgibt, wohin der Weg des Balletts führen könnte: zu einer eigenwilligen, jugendgemäßen, persönlichkeitsstarken Truppe mit Charme und Biss.