Im Dock 56, unserer Galerie der Woche, schöpft der dänische Maler Michael Kvium böse aus dem Vollen

Dock 56. Immer ein bisschen bösartig, ein wenig manieriert und eher für die Scheußlichkeiten als für die angenehmen Freuden zuständig, präsentiert sich Michael Kvium in der Galerie Dock 56. Naturgemäß bereitet aber auch das Hässliche Genüsse. Ästhetische allemal, wenn der dänische Künstler mit malerischer Verve aus dem Vollen schöpft. Ob Klerus, Weib, Säugling oder Kulturbetrieb: Kvium weiß seine Themen und Figuren wie auf einem schillernden Präsentierteller des Bösen zu inszenieren. Mit fahlem Fleisch, verdrehten Gesichtern, morbiden Körpern oder Ratten in den Händen. Kvium stichelt und rumort dort, wo dessen Erwartungshaltung am größten ist: im Bild der Gesellschaft und ihren zum Teil hochrangigen Vertretern.

Purer Realismus sieht anders aus. Kvium ist keiner, der das Bild dieser Gesellschaft in grauen Tönen malt. Lustvoll pickt er sich Figuren vom Säugling bis zum Greis heraus, die er bis in die Fingerspitzen überzeichnet und karikiert. Am liebsten im Bild seiner selbst. Der in einer katholischen Familie groß gewordene Künstler - eine Ausnahme im protestantischen Dänemark - porträtiert sich als Kleriker, als exhibitionistischer Richter mit Lockenperücke und als Gnom mit Spiegelei auf dem Kopf und Malerpalette in der Hand. Und er liebt das Spiel mit den Schatten, die entlarven, was die im Licht erscheinende Figur nicht zeigen darf. Eine Fingerpuppe in der Hand eines hochrangigen Geistlichen mit Mickymaus-Ohren verwandelt sich in den Tod als Schattenspiel an der Wand. Da ist offensichtlich einer nicht mehr Herr seiner Geister, die er ins Leben rief. Rücklings, ein weiteres Schattenspiel, versetzen sie ihm den Dolchstoß.

Kviums Gemälde erinnern an die Bühne nicht nur wegen der theatralischen Überzeichnung ihrer Protagonisten und ihrer Kostümierung im Gewand vergangener Zeiten. Wie Schauspieler stehen sie im Rampenlicht, gefangen durch einen einzigen, sie entlarvenden Spot. Oder sie tummeln sich als Skulpturen auf dem Boden, noch ganz Säugling und des aufrechten Gangs unfähig. Nur Lust und Eros haben sie schon geweckt, auch wegen der vielen roten Würste, die sich in dieser Babylandschaft verloren haben. Kvium mag diese langen krummen Dinger. Sie erinnern ihn an das dänische "Nationalgericht", das Hotdog. Passende Attribute also für alle und alles, was sich als nationalistisch ausgibt und sich doch eher als Baby denn als Erwachsener geriert.

In der "Nightschool", Titel der Schau, präsentiert Kvium einen Maskenball des Makabren, der über die Kehrseite von Moral und Anstand unterrichtet. Noch einmal wird hier die alte Revolte gegen die Repräsentanten der Gesellschaft aufgerollt. Das ist eingespielte Routine, mehr Spektakel als Einsicht in unbekannte Missstände. Dass der Künstler dabei aber selbst in die Rolle der Repräsentanten schlüpft, verschafft ihm einen kleinen Vorsprung gegenüber ähnlichen Unternehmungen. Würden hierzulande die vielen Präsidenten-Ankläger aus Presse, Rundfunk und TV sich freiwillig in der Maske des Gejagten zeigen? Wohl kaum. Selbstironie und -kritik machen eben noch immer den feinen Unterschied zwischen Kunst und Medien aus.

Dock 56 "Michael Kvium - Nightschool", bis 10.3., Am Kaiserkai 56 (Metrobus 3, 6), T. 36 09 84 82, Mo-Fr 11.00-15.00 sowie n. V.; www.dock-56.de