Mit einigen Auffrischungen kommt die Krimiserie “Wolffs Revier“ bei Sat.1heute Abend zurück ins Programm und beweist: Sie hat bis heute überlebt.

Fertig sieht der Mann aus. Aschfahl mit faltigen Wangen, auf denen Bartstoppeln sprießen. Und seltsam bekannt wirkt er. Wie ein vergilbtes Urlaubsfoto, das leise an der Erinnerung kratzt. Wolff ist also zurück.

Eines muss man dem Sender Sat.1 zugutehalten: Er wagt etwas. Vor allem in dem von Joachim Kosack verantworteten Fictionbereich, was immer mit hohem Risiko und noch höheren Kosten verbunden ist. "Der letzte Bulle" und "Danni Lowinski" heißen die jüngsten Serienfolgen, rund 20 neue Produktionen jährlich sind als "Großer Sat.1-Film" für den Dienstagabend geplant. "Das Flirtcamp", das an dieser Stelle den Auftakt machte, kann man dabei großzügig übersehen, es prickelte wie schaler Sekt.

Mehr Starkbier als Sekt ist nun "Wolff - Kampf im Revier", die Wiederbelebung der nach 173 Folgen im Jahr 2006 eingestellten Krimiserie "Wolffs Revier". Die war seinerzeit Kult. Und Jürgen Heinrich, 66, als Kommissar Andreas Wolff eine Instanz. Eine Krimi-Ikone. Ein Schusswechsel beendete sein Serienleben - dachte man zumindest. Aber weit gefehlt: Wolff ist seinen Job bei der Polizei los und schmerzmittelabhängig, seine Wohnung sieht aus, als kenne sie Staubsauger und Putzlappen nur vom Hörensagen. Ein Einzelgänger ist er geblieben, ein Einzelgänger ist auch sein Nachfolger im Polizeipräsidium, der schnittige Kommissar Marck (Stephan Luca).

Einer, der nicht antwortet, wenn er nicht antworten will, zum Beispiel auf die Frage, wer seinen kleinen Sohn betreut, während er selbst Jagd auf böse Buben macht. Aktuell: auf Wolff. Der Mann, der einst sein Mentor war, soll angeblich ein drogensüchtiger Krimineller sein, einen Dealer erschossen haben. Aber Marck, Instinktschnüffler und Bauchmensch, erkennt manipulierte Beweise drei Meter gegen den Wind. Und er weiß: Ein ausgeprägter "moralischer Kompass", wie er das nennt, ist auch durch den härtesten Schusswechsel nicht zu erschüttern.

Regisseur Christian Alvart, der in Hollywood gearbeitet hat, mit "Antikörper" einen mehr ungewöhnlichen als ungewöhnlich guten Kinothriller vorgelegt hat und einst bei "Wolffs Revier" als Autor tätig war, inszeniert einen rasanten Wettlauf durch die Straßen von Berlin, der auf einem Ausflugsdampfer und schließlich im Wasser endet. Die Musik wummert, die Kamera lugt von schräg unten, die Kommissare dürfen ordentlich fluchen und sich am Tatort erst mal ein Kippchen anstecken.

Alvart hat alles vermieden, einen biederen Krimi in Hellbeige zu inszenieren, wie man ihn am Vorabend oft sehen kann. Also darf das Polizeipräsidium eine Stuckvilla mit hohen Decken sein, die Kommissarin Vicky (Nadeshda Brennicke) eine rattenscharfe Blondine in enger weißer Bluse und Pumps. "Kommen Sie mit oder nehmen Sie den Bus?", fragt sie Marck, bevor sie mit ihrem BMW-Cabrio über dunkelgelbe Ampeln brettert. Das kennt der so nicht, normalerweise speist er Frauen mit dem Mantra ab: "Erhol dich, entspann dich, ich hab alles im Griff!"

Dabei ist er in Wahrheit auf eine Weise lebensunfähig, die Frauen immer wieder anlockt. Auch Vicky. Wie die beiden nachts in der Küche sitzen und selbst gebackenen Apfelkuchen essen ("Ich mag Frauen, die richtig essen!") und er ihr einen Schlagsahnetupfen von der Lippe streicht - das sieht dann weniger aus wie bei Norah Jones und Jude Law in "My Blueberry Nights", sondern mehr wie in der Ristorante-Werbung. Auch die war in den 90er-Jahren Kult und hat bis heute überlebt.

"Wolff - Kampf im Revier" heute 20.15 Uhr, Sat.1