Hamburg. Kammermusik heißt Kammermusik, weil sie für ... eben. Jedenfalls nicht für einen so großen Saal wie den der Laeiszhalle. Die Cellistin Sol Gabetta und ihren Klavierpartner Bertrand Chamayou konnte das aber nicht schrecken. Die beiden feierten ein Fest auf der Bühne, vom Publikum mit Vorschuss- und Szenenapplaus bedacht wie bei einem Rockkonzert, und das mit allem Recht: So knackig-perlend, so geistreich, humorvoll und artikuliert möchte man Beethoven alle Tage hören, ob die opernhaft vielseitigen Variationen über Mozarts Zauberflöten-Duett "Bei Männern, welche Liebe fühlen" oder die gewichtige Es-Dur-Sonate.

Welches stilistische Feingefühl die beiden haben, das zeigte sich gleichsam in der Rückschau noch einmal nach der Pause. Bei Mendelssohns D-Dur-Sonate setzte Gabetta Vibrato und Klangfarben bewusst ein, eben wie jemand, der sich mit historischer Aufführungspraxis beschäftigt hat. Die kleinen Unebenheiten im Zusammenspiel, die anfangs bei Beethoven noch zu hören waren, überwanden sie zugunsten gemeinsam atmender Phrasierungen. Und zum Schluss gaben die beiden dem Affen noch Zucker mit Adrien François Servais' Zirkusstückchen "Fantaisie sur deux Airs Russes". Aber was heißt hier Schluss - unter vier funkelnden Zugaben entließen sie ihre Fans nicht. Entfesselte Begeisterung bei der hochnotvornehmen Konzertreihe Pro Arte? Ja, gibt es. Wie zu hören war.