“Sieben“-Regisseur David Fincher hat Stieg Larssons Thriller “Verblendung“ noch düsterer verfilmt.

Gar nicht so einfach, über einen Film zu schreiben, dessen Handlung (fast) jeder interessierte Zuschauer kennt, dessen Themen, vom Serienmord über Internetkriminalität bis zu Nazi-Vergangenheit, ausführlich diskutiert wurden. Schon die zugrunde liegende "Millennium"-Romantrilogie von Stieg Larsson ging auch in Deutschland weg wie warme Semmeln, 65 Millionen Exemplare wurden weltweit verkauft. 2009 dann die viel beachtete Verfilmung von Niels Arden Oplev, die Anfang 2011 bereits in einer TV-Fassung zu sehen war, die noch einmal eine halbe Stunde drauflegte. Nicht zu vergessen die edle DVD-Box.

Nun also die US-Version, immerhin besorgt von "Sieben"-Regisseur David Fincher, mit "007" Daniel Craig in der Hauptrolle. Die Handlung ist noch dieselbe: Es geht immer noch um Mikael Blomkvist, der einem Frauenmörder auf der Spur ist; es geht immer noch um Lisbeth Salander, jene eigenwillige Computer-Hackerin, die ihm bei den Recherchen hilft, sich gleichzeitig aber ihren eigenen Dämonen stellen muss. Und es geht immer noch um eine großbürgerliche Industriellenfamilie, deren Verstrickungen mit den Nazis weit zurückreicht. So sieht man einem Film zu, der seinem schwedischen Pendant in vielem ähnelt und doch anders ist.

Das beginnt schon bei den Schauspielern, die ihre Rollen selbstbewusster und direkter anlegen als ihre Vorgänger. Daniel Craig, ganz der coole James Bond, strahlt nicht mehr die Ambivalenz und Unsicherheit von Michael Nyqvist aus, Rooney Mara als Lisbeth Salander ist nicht mehr so sensibel und verletzlich, bestürzt und getrieben wie die überragende Noomi Rapace. Zugegeben: Fincher beherrscht die filmischen Mittel sicherer als Oplev. Er erzählt konsequenter, düsterer. Kameramann Jeff Cronenweth findet kühle, pastellartige Bilder. Doch im Vorgänger interessierte man sich mehr für die Figuren und ihre seelischen Wunden.

Die Schwächen des Films sind die Schwächen der Vorlage. Die Suche nach dem Mörder mit verquasten Bibelzitaten und überraschenden, gleichwohl nicht sehr originellen Entdeckungen à la Agatha Christie driftet mitunter ins Fantastische ab, Lisbeths Vergewaltigung ist in ihrer Länge und Grausamkeit abstoßend, ihre archaische Rache, die sich des Einverständnisses des Publikums sicher sein kann, nicht minder. Die Grenze zum "Torture Porn" à la "Saw" ist hier überschritten, und man müsste einmal diskutieren, warum diese Szenen, egal ob im Buch oder Film, so selbstverständlich als abendfüllende Krimi-Unterhaltung durchgehen.

Bewertung: annehmbar

Verblendung USA 2011, 158 Min., ab 16 J., R: David Fincher, D: Daniel Craig, Rooney Mara, Robin Wright, Stellan Skarsgard, täglich im Abaton (OmU), Cinemaxx Dammtor/Harburg/Wandsbek, Hansa, Streit's (OF), UCI Mundsburg/Othmarschen/Smart-City; www.verblendung-film.de