“Reich kann jeder“, finden die Autoren Jan Rentzow und Anne Nürnberger

Reich sein, wie geht das eigentlich? Kann man das lernen? Ist das nur ein materieller Status oder auch ein geistiger? Und darf man überhaupt von den Reichen und von Reichtum schwärmen, wenn Imperien zusammenbrechen, Banken kollabieren, Staaten pleitegehen, Menschen ihre Jobs verlieren? Klar darf man das, unser Interesse an den Wohlbetuchten ist so alt wie das Phänomen der Menschen selbst, die da teilweise märchenhafte Reichtümer anhäufen. Wenn man so sein will wie sie, muss man einer von ihnen werden.

Die Journalisten Jan Rentzow, 33, und Anne Nürnberger, 44, versuchten genau das: reich zu werden. Und sie beobachteten in einer Art Feldversuch die Reichen in ihrem natürlichen Umfeld, wurden Teil des "Jetset-Wahnsinns" an der Cote d'Azur, am Starnberger See und auf Sylt. Ferraris, teure Uhren, Champagner und schöne Frauen, die hohe Promi-Dichte und die Vergnügungssucht: Das alles betrachten die Autoren in ihrem Buch vornehmlich aus der kindlichen Perspektive. Dadurch wirkt vieles skurril, vor allem die Protzereien der Neureichen. In Hamburg waren die Autoren auch: Sie logierten im Marriott und gingen auf Partys von Michael Ammer. Es sind aber die kleinen Beobachtungen, die wichtig waren, die feinen Unterschiede: "Wenn man am Bahnhof Dammtor steht und auf den Zug nach Berlin wartet, dann ist da ein Geschiebe und Gedränge. Vor der 2. Klasse. Wer 1. Klasse fährt, kommt zwei Minuten bevor der Zug fährt -und steigt ganz lässig ein", sagt Jan Rentzow.

Was muss man tun, um wirklich selbst dazuzugehören? Natürlich: Edelmessen besuchen, Edelhotels, Edelyachten, Edelbars. "Deutschland von oben" zu erleben, das heißt in einer Umkehrung des Wallraff-Mottos aber vor allem, sich die Codes und Verhaltensmuster der Reichen anzueignen. Da sind Rentzow und Nürnberger auf Nachhilfestunden angewiesen.

Sie suchen sich Coaches für Benimm und Stil, gehen unter professioneller Anleitung Klamotten kaufen. Billig ist das nicht, da kann es dann schon mal passieren, dass Rentzows Kreditkarte (Sparkasse Schwerin) nicht funktioniert; sie kennt die Belastungen nicht, die in luxuriösen Londoner Designer-Shops anfallen. Geld muss her. Und so entwickeln sie Geschäftsideen: verkaufen T-Shirts, schreiben anderen Leuten gegen Bezahlung Briefe. Oder vermieten ihre Wohnung für einen Porno-Dreh. Reich werden sie nicht, und trotzdem ist alles eine Mordsgaudi. Ein launiger Erfahrungsbericht aus der Welt der Reichen und Schönen.

Jan Rentzow/Anne Nürnberger: "Reich kann jeder", Piper, 304 S., 9,99