Das neue Kinojahr verheißt mit “The Artist“ und “Hugo“ schöne und dramatische Filme

DVD, Video on Demand und vor allem das Internet - schon seit einigen Jahren rufen selbst ernannte Kassandras das Ende des gemeinschaftlichen Kinoerlebnisses aus und benennen die Schuldigen. Zum Glück ist die viel beschworene Kinokrise noch ausgeblieben, die Zuschauerzahlen sind im vergangenen Jahr sogar leicht angestiegen. Und mal Hand aufs Herz: Einige Filme aus diesem Jahr, wie etwa "Biutiful", "Winter's Bone", "The Tree Of Life" oder "Meek's Cutoff" brauchen einfach die große Leinwand, um ihre ganze Schönheit, aber auch Dramatik zu entfalten.

Denn auch das neue Jahr verheißt schöne und dramatische Filme. Einer der besten ist ohne Zweifel "The Artist" (Start: 26.1.). Der französische Regisseur Michel Hazanavicius hat eine überaus liebevolle Hommage für das Zeitalter des Stummfilms inszeniert, für das Kino überhaupt, in Schwarz-Weiß und ohne gesprochene Worte, sodass man zum Lesen der Untertitel gezwungen ist.

Doch keine Angst - "The Artist" beeindruckt nicht nur durch die Reichhaltigkeit der Einfälle, durch Cleverness und einen ausgesprochenen Sinn für das Kinematografische, sondern auch durch eine anrührende Liebesgeschichte: Ein eitler Stummfilmstar will sich nicht auf den kommenden Tonfilm einstellen, während eine junge Tänzerin, die er zufällig kennenlernt, rasch Karriere macht. Natürlich gibt es viele Anspielungen auf die Filmgeschichte, von "Singing In The Rain" bis "A Star Is Born". Doch man muss diese vielen Bezüge gar nicht bemerken, um an "The Artist" großen Spaß zu haben.

Noch ein anderer Film dieses Jahres beschäftigt sich mit dem Kino, nämlich Martin Scorseses "Hugo" (Start: 9.2.). Ein zwölf Jahre alter Junge, der im Paris der 1930er-Jahre im Bahnhof Montparnasse die Uhren repariert, lernt einen alten und verbitterten Ladenbesitzer kennen. Es ist niemand anderer als Georges Méliès, jener französische Filmpionier, der zwischen 1896 und 1914 mehr als 500 Filme drehte und das fantastische Kino erfand, dann aber in Vergessenheit geriet. Wie der Junge Méliès ins Leben zurückholt und ihm späte Anerkennung zuteil wird - davon erzählt der Film.

Er entpuppt sich als wahre Wundertüte an Einfällen, visuell beeindruckend, packend und charmant erzählt, dazu noch in 3-D. Vor allem die Art und Weise, mit der Scorsese die dritte Dimension handhabt, sie geschickt einsetzt und immer in den Dienst der Handlung stellt, ist schlichtweg atemberaubend. Eine unterhaltsame Hommage für die Geburt des Kinos.

Freuen darf man sich auch auf "Drive" (Start: 26.1.), die Verfilmung des Krimis von James Sallis. Ryan Gosling, jüngst in "The Ides Of March" zu sehen, spielt einen Fluchtfahrer, der Räuber nach getaner Arbeit sicher, vor allem aber schnell nach Hause fährt. Doch die Nähe zu einer schönen Nachbarin bringt ihn in Gefahr. Packend, anspruchsvoll und vielschichtig, nicht zu vergessen der tolle visuelle Stil.

Ebensolchen Spaß macht auch die John-le-Carré-Verfilmung "Dame, König, As, Spion" (Start: 2.2.), ein Agentenfilm alter Schule: ruhig erzählt, ziemlich undurchsichtig, trotzdem spannend, mit hervorragender Darstellerriege, angeführt von Gary Oldman. Er spielt einen pensionierten Spion, der wieder aktiviert wird, um einen Maulwurf in den eigenen Reihen zu entlarven.

Und sonst? Leonardo DiCaprio ist "J. Edgar" (Start: 16.2.), Hoover mit Nachnamen, also der Gründer des FBI, Meryl Streep ist "Die eiserne Lady" (Start: 1.3.), also Margaret Thatcher, Michelle Yeoh einfach nur "The Lady" (Start: 15.3.), also die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi aus Birma. Michael Fassbender überzeugt in "Shame" (Start: 1.3.) als verzweifelt Getriebener, der sich in zahllose Affären und One Night Stands stürzt.

Aus deutscher Sicht am interessantesten ist Pia Strietmanns Regiedebüt "Tage die bleiben" (Start: 26.1.), das nach dem Unfalltod der Mutter beeindruckend und sensibel die Trauerarbeit und den Umgang der Familienmitglieder miteinander beschreibt, und David Wnendts "Kriegerin" (Start: 19.1.), in dem eine junge Frau aus Ostdeutschland in den Rechtsextremismus abgleitet.

Packende Filme, die gleich in den ersten Wochen auf ein interessantes Kinojahr einstimmen.