Rafael Seligmanns Zeitung “Jewish Voice from Germany“ in Berlin vorgestellt

Berlin. Ein Mehr an Kommunikation zwischen dem deutschsprachigen Raum und den starken jüdischen Gemeinschaften in den Vereinigten Staaten, Kanada, Großbritannien und Israel ist dem Publizisten Rafael Seligmann schon seit Langem ein Anliegen. Deshalb hat er nun die alle drei Monate erscheinende "Jewish Voice from Germany" gegründet. Die Zeitung versteht sich als "Brücke zwischen Deutschland und den Juden in aller Welt". Gestern hat Bundesaußenminister Guido Westerwelle das Blatt in Berlin vorgestellt.

In der ersten Ausgabe schreibt Seligmann: "Israel sollte der erste Staat werden, der Palästina anerkennt." Eine mutige Forderung. Auch vor den Journalisten gibt sich der Herausgeber couragiert: "Wir haben uns an viele Sonntagsreden gewöhnt, jetzt ist die Zeit zum Aufbauen gekommen!" Momente der Unsicherheit hätte es natürlich während der Projektphase immer wieder gegeben. Doch als ihm ein amerikanischer Jude nach der Lektüre des ersten Exemplars der Zeitung geschrieben habe, dass er durch diese Publikation seine deutschen Gene wieder spüre, seien alle Zweifel ausgeräumt gewesen.

Alleinstellungsmerkmal der imTabloidformat erscheinenden Publikation ist wohl die unorthodoxe, unmittelbare Weise, mit der hier politischer Journalismus betrieben wird. So schreibt der ehemalige Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye über den tief in der deutschen Gesellschaft verwurzelten Faschismus, und der israelische Historiker Moshe Zimmermann beklagt in einem Essay, dass es nur noch die nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland geborenen jüdischen Intellektuellen seien, die sich wirklich als "deutsche Juden" begreifen würden. Seine ernüchternde Prognose: Juden in Deutschland haben keine reelle Chance, wieder eine Einflussgröße bei der Entwicklung der jüdischen Religion oder Geschichte zu werden.

Michael Jurk, Direktor der Eugen-Gutmann-Gesellschaft, porträtiert deren Namensgeber, jenen Gründer der Dresdner Bank, der 1938 vor den Nationalsozialisten nach London floh und dort in Armut starb. Außerdem geht es in einem Beitrag um Hans Falladas wiederentdeckten Berlin-Roman "Jeder stirbt für sich allein".

Seligmann finanziert die Zeitung nicht nur durch Werbung und denCopypreis, sondern auch mit eigenem Geld. "Dadurch sind wir völlig unabhängig", sagt er. Auf der Website des Blattes will er regelmäßig Kommentare zum politischen Geschehen einstellen.

Die Ziele der Zeitung sind hoch gesteckt, denn sie wolle nicht nur ein ohnehin mit dem Thema vertrautes Publikum ansprechen, sondern auch diejenigen Deutschen, deren Kenntnis über das Judentum sich in Begriffen wie "Wiedergutmachung" und "Israel" erschöpfe, sagt Seligmann. Und auch in Amerika gebe es Aufklärungsbedarf: "Viele Juden dort glauben, dass es gar kein jüdisches Leben in Deutschland mehr gibt."